chor.com – Impressionen aus dem Meisterkurs mit Frieder Bernius
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Für die aktiven Teilnehmer ist es bereits der zweite Kurstag. Von jetzt an findet der Unterricht vor Publikum statt. Die jungen Dirigierstudentinnen und – studenten sitzen in der ersten Reihe, dahinter die Zuhörer. Gegenüber ihre „Sparringspartner“, das Junge Vocalensemble Hannover, das mit großer Geduld und Freundlichkeit die verschiedenen Anweisungen der Kandidaten aufnimmt und umsetzt.
Am Freitagnachmittag steht die Motette „Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen“ von Johannes Brahms auf dem Probenplan, eines der anspruchsvollsten Werke der romantischen A-Cappella- Literatur.
Frieder Bernius, seitlich an einem Tisch sitzend, teilt ein, wer welchen Abschnitt dirigieren und proben soll. Der großartige Dirigent und Pädagoge kann aus dem Vollen schöpfen, kennt die Literatur in- und auswendig. Freundlich, kollegial, aber hart in der Sache gibt er Tipps und Anweisungen, die die Studenten zum Nachdenken und genauen Zuhören bringen sollen:
„Was möchten Sie an dieser Stelle klanglich verändern, was stört Sie?“
„Warum hat dieser Übergang nicht funktioniert?“
„Jetzt haben Sie an derselben Stelle viermal abgebrochen, das frustriert den Chor. Dirigieren Sie das Stück zu Ende und überlegen Sie dabei, was Sie verändern möchten. Ihre Anweisungen sind zu allgemein.“
„Weisen Sie doch einfach mal darauf hin, dass dieser Ton intonatorisch gefährlich ist, das genügt oft schon, der Chor ist ja nicht dumm!“
Die Atmosphäre ist freundlich, aber hoch konzentriert. Die Zuhörer können sehr gut verfolgen, wie unterschiedlich das Werk mit verschiedenen Dirigenten klingt, wie jeder Kandidat seine Vorstellungen und sein Temperament in die Musik einfließen lässt, aber auch, welche Schwächen noch zu bearbeiten sind.
Die Arbeitsphase endet mit einem Abschlusskonzert am Sonntag, den 25.9. um 11 Uhr im Konzerthaus. Die Teilnehmer des Meisterkurses dirigieren die Motette „Jesu, meine Freude“ von J.S. Bach sowie geistliche und weltliche Werke von Johannes Brahms.
Sabine Eberspächer
Kooperationen Verein-Schule
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Marcel Dreiling präsentierte für die Deutsche Chorjugend Kooperationsmodelle
Im Vorfeld zur Herausgabe einer kurz gefassten und dadurch sehr hilfreichen Handreichung (Format A5) der Deutschen Chorjugend zum Thema Kooperationen stellte Marcel Dreiling, stellvertretender Vorsitzender des DCV-Musikbeirats, zahlreiche Modelle vor, vor allem die in Baden-Württemberg beheimatete erfolgreiche Ausbildung für Musikmentoren und Chorlotsen, ferner die DCV-Initiativen kids & teens in Takt. Ein weiteres Thema des Workshops war die neue durchgängige Ausbildungsordnung des DCV. Und weil der Sauerstoffanteil an der Seminarluft gar so gering war, lockerte er immer wieder durch Kanonsingen und den Gebrauch der Körperinstrumente auf.
Wolfgang Layer
Neuerfindung des Deutschen Jugendkammerchores
Johannes Pfeffer, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
In wohl meinem letzten Workshop dieser chor.com spricht Prof. Rober Göstl über die Neuerfindung des Deutschen Jugendkammerchores. Nach dem Ausscheiden Karl Zepniks hatte sich der Chor vorerst aufgelöst.
Mit Castings wurde 2009 ein Neubeginn gewagt. Chormanager Michael Brose war von der ersten Stunde an mit dabei. Göstel betont, dass bei den Vorsingen nicht nur die stimmlichen Qualitäten als Auswahlkriterien galten, sondern auch auf das Zusammenwirken der Sänger viel Wert gelegt wurde.
Bei den Castings konnten Teilnehmer aus ganz Deutschland gefunden werden, die nun in mehreren Projektphasen im Jahr gemeinsam proben.
Anspruch der Chorjugend war zum Einen einen Chor zu gründen, der Abbild der Chorjugend ist, aber auch Aushängeschild und Spitze zeigt.
Der Chor soll jungen Menschen spannende Begegnungen auch mit klassischer Musik erm?glichen, die diese in ihre Heimat zuruecktragen. Weiterhin ist es dem Chorleiter und Vorsitzenden der Deutschen Chorjugend wichtig, dass die Musik mit gesellschaftlichen Ereignissen verbunden wird.
Wie dem Chor das gelungen ist kann man heute abend um 21 Uhr in der St. Reinoldikirche in Dortmund hören.
Mehr zur chor.com unter: www.chorverband.posterous.com
Oliver Gieß erklärt die Popmusik
Johannes Pfeffer, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Der Workshop „Maybebop meets Chor“ musste in Ermangelung ganzer Chöre umgestellt werden. Oliver Gieß, Sänger und Komponist bei Maybebop, erklärte in dessen den zahlreichen interessierten Teilnehmern die Popmusik. Dazu erschuff er spontan aus den Eindrücken der Teilnehmer einen Popsong. Anhand dessen zeigte er, wie ein mehrstimmiger Satz klingt und worauf es ankommt bei populärer Musik. Zum Arrangement und unter Anleitung von Gieß groovten die Teilnehmer:
Hier auf der chor.com wird ordentlich gesungn
doch auf der chor.com ist zuwenig Pop erklungen.
Wir singen hier Brahmslieder
und Kinderchor schon wieder.
Und die Geschichte der Chormusik
man das find ich voll antik.
Demokratie als Garant für differenzierten Chorklang
Johannes Pfeffer, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
In einer offenen Probe präsentierten sich der dänische Chor Vocal Line und sein sein Chorleiter Jens Johansen. Der Chor, der zu einem großen Teil aus Musikstudenten besteht, besticht durch seine klangliche Präsenz und Vielfalt. Die Emotionalität, die der Chor dadurch in der Lage ist auszudrücken lässt einen den Atem anhalten. Viele der Sängerinnen und Sänger sind selbst Chorleiter und Arrangeure und so überlässt Johansen oftmals auch den jungen Menschen die Probearbeit an ihren eigenen Stücken.
In einem Interview mit der Redakteurin der Neuen Chorzeit zeigte sich Johansen begeistert vom Zusammentreffen klassischer Musik und des Jazz auf der chor.com.
Vocal Line kann man heute abend noch ab 21 Uhr im Jazzclub domicil hören.
Die Internetseite des Chores findet sich unter: http://www.vocalline.dk
Sitzung der Gau- und Verbandschorleiter des SCV bei der chor.com
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Als einziger Landesverband im DCV hat der Schwäbische Chorverband (SCV) seine Gauchorleiter und Verbandschorleiter zu einer Sitzung nach Dortmund eingeladen. Es soll – wie Musikdirektor Marcel Dreiling in seiner Begrüßung festellte, auch ein kleines Dankeschön für die geleistete Arbeit sein. Wenn nicht die Repräsentanten der 23 Chorverbände bzw. Sängergaue im SCV – wer dann sollte die Möglichkeiten der Weiterbildung bei der Messe nutzen.
Zentrales Thema war die vom DCV nun bundesweit neu geschaffene Ausbildungsordnung für Chorleiter, die Vizechorleiter-Ausbildung und die Gesamtordnung der Ausbildungen in ihrer Hierarchie und Wertigkeit. Auf welcher Stufe erhalte ich welche Testate, ab wann gibt es ein staatlich anerkanntes Zertifikat.
Die Chorverbände haben sich hier den Bläserverbänden angenähert, die bezüglich der Mitgliederausbildung bereits seit Jahren feste Strukturen besitzen, begonnen bei D1, D2 und D3.
Weitere Themen seien nur kurz angerissen: die nächsten Chorwettbewerbe im SCV mit dem Carl-Friedrich-Zelter Wettbewerb, dem Deutschen Chorwettbewerb und dem Regionalwettbewerb; das Chorfest des DCV in Frankfurt 2012 und die anstehenden Fortbildungen im SCV.
Wolfgang Layer
Abschreiben erlaubt – copy & paste verboten
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 24.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Der Workshop „Singen nach Recht und Gesetz“
Um Urheberrecht, illegales Kopieren von Noten und andere Fallstricke ging es beim Podiums- und Publikumsgespräch mit Christian Krauß von der VG Musikedition, Werner Sikora von der GEMA und Thomas Tietze vom Bärenreiter Verlag als Vertreter des Verbands der Musikverleger, der den Workshop auch präsentierte.
Der Raum hätte dreimal so groß sein und die Zahl der Stühle das fünffache betragen dürfen, denn das Interesse war riesengroß. Die relativ geringe Zahl der festen Anmeldungen für den Workshop konnte freilich nicht darauf schließen lassen. Für Spannung war auf jeden Fall gesorgt; denn mit dem Urheberrecht und dem Kopierverbot standen Dauerthemen des täglichen Musiklebens und Choralltags auf dem Programm. Schade, dass die GEMA nur einen Vertreter aus dem Inkassobereich geschickt hatte, dessen eigentliches Aufgabengebiet natürlich nicht das Urheberrecht sein kann.
Das relativ allgemeine Podiumsgespräch der Dozenten ging sehr schnell in einen Dialog mit dem Publikum über. Die Zahl der Fragen an die Spezialisten war größer, als die zur Verfügung stehende Zeit es zuließ. Nur einige Fragen sollen hier genannt werden.
„Coverversionen“ ja oder nein? Sind Arrangements aktueller Popsongs durch Chorleiter für ihren Chor erlaubt? Ist es erlaubt, Songtexte für den eigenen Chorsatz zu verändern? Dürfen Noten in der Zahl, in der Originale bei einem Chor vorhanden sind, für die Notenmappe beim Konzert kopiert werden…? Dürfen Vereine ihre Konzertaufnahmen ins Netz stellen? Die meisten Fragen hatten die gleiche Antwort und die hieß: Wenn der Verlag Ihnen die Genehmigung gegeben hat! Der Verlag und die GEMA als Rechteinhaber sind der Dreh- und Angelpunkt für die meisten Genehmigungen, nicht der Komponist oder Textdichter. Sie haben die Rechte zur Wahrnehmung ja bewusst weitergegeben. Um das Wohl der Autoren geht es auch bei der Arbeit der GEMA und der Verlage. Mit jedem illegal kopierten Blatt werden die Urheber geschädigt.
Letzte Frage: Gibt es auch im Notenbereich so etwas wie „Privatkopien“, die im Tonträgermarkt existieren? Antwort: Nein!
Und doch gab es ein Lichtzeichen, ausgesandt von Thomas Tietze, der von Verhandlungen der Musikverleger berichtete, die sehr weit gediehen seien und die es in Zukunft – ähnlich dem Tonträgerbereich – ermöglichen würden, sich online Rechte für die 30 Kopien zu besorgen, die man vor der Chorprobe noch schnell macht. Das wäre ja schon ein großer Fortschritt!
Da war es dann schon eine Überraschung zu hören, dass das Abschreiben von Chornoten mit keinem Veto belegt ist. „Ohne Fleiß kein Preis“ möchte man sagen. Das Kopieren einer Abschrift ist freilich strafbar. Sieht so die Zukunft der klagenden Chöre aus? Da möchte man doch lieber auf die berechtigte Gegenfrage von Thomas Tietze zurückkommen, der auf den Einwand, dass Noten „zu teuer“ seien, antwortete: „Was ist Ihnen die Musik wert?“ Man könnte auch allgemein sagen: Was ist uns unser Hobby wert?
Wolfgang Layer
Workshops bei der chor.com – Skandinavische Chormusik
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 23.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
„Skandinavische Chormusik“ heißt der Workshop, der am zweiten Messetag von 10 bis 13 Uhr im Silbersaal der Westfalenhalle stattfindet.
Dozent ist Gunnar Eriksson, ein Urgestein der schwedischen Chorszene, Professor für Chorleitung in Göteborg, Gründer und Leiter mehrerer Ensembles, darunter der Kammerchor Göteborg und das Rilke – Ensemble. In seinen Arrangements und Kompositionen verbindet Eriksson verschiedenste kulturelle Einflüsse, lässt weltliche und geistliche Musik genauso verschmelzen wie unterschiedliche Genres. Ihm zur Seite steht der Kammerchor der Musikhochschule Detmold, ca. 30 Studentinnen und Studenten aus verschiedenen Studiengängen. Seit zwei Jahren leitet Anne Kohler das Ensemble, das bei aller Professionalität dieselben Probleme hat wie jeder Schulchor, nämlich die ständige Fluktuation.
Der Saal ist gut gefüllt, das Interesse für die „Meister der melancholischen Melodie“, wie sich Edvard Grieg einst selbst bezeichnete, ist groß. Zu Beginn singt der Chor ein romantisches Marienlied des dänischen Komponisten Peter Erasmus Lange-Müller, „Madonna over Bølgerne“, op.65/2, in Originalsprache. Es fällt auf, wie wunderbar sanglich die nordischen Sprachen sind, vokalbetont, viele Umlaute, Silben wie „sjä“, die ohne Zutun einen natürlich hellen Stimmklang ergeben – ein Genuss für Sänger und Hörer! Großer Beifall für diesen stimmungsvollen Einstieg.
An dieser Stelle meldet sich aus dem Publikum ein junger sympathischer Chorleiter aus Dänemark zu Wort und gibt noch zwei Tipps zur Aussprache. Der Chor zückt willig die Bleistifte.
Nun stellt Eriksson eine zentrale Philosophie seiner Arbeit vor: „Sing free from conductor!“ Vom Jazz inspiriert, sucht er den gemeinsamen Puls im Ensemble, das Gefühl für den Atem der Melodie. Mit minimalen Bewegungen und etwas schneller dirigiert er das Stück noch einmal. Dank der guten Vorarbeit von Anne Kohler klappt es auswendig und klingt tatsächlich präsenter und inniger.
Ganz andere kompositorische Wege beschreitet der Zeitgenosse Per Nørgård (geb.1932). In früher Kindheit geprägt von den Geräuschen aus der väterlichen Uhrmacherwerkstatt, vernetzt er rhythmische Formeln in verschiedenen Geschwindigkeiten mit einfachen melodischen Elementen nach dem Prinzip der Unendlichkeitsreihe. weiterlesen »
Gesungene Erinnerung für die Zukunft
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 23.09.2011, Chorfeste, Kommentare geschlossen
Eröffnungskonzert der chor.com im Konzerthaus Dortmund
Das Erlebnis Chormusik war in den zurückliegenden eintausend Jahren zu mehr als 90% ausschließlich ein Live-Erlebnis. Und heute? Keine Konserve kann bieten, was ein Konzert vermittelt. Diese eigentliche Binsenweisheit wurde einem besonders bewusst im Eröffnungskonzert der chor.com am 22. September 2011.
Der Komponist und Dirigent Rupert A. Huber, der das Programm zusammen mit Deutschlands führendem Chorwissenschaftler Friedhelm Brusniak komponiert hatte (der Ausdruck „Komposition“ ist nicht zu hoch gegriffen) fasste selbst in Worte, was einen erwarten sollte:
„Das Konzert soll eine wertfreie Bestandsaufnahme der Chormusik des 19. und 21. Jahrhunderts vornehmen. Der erste Teil vor der Pause bietet einen musikhistorischen Blick auf das, was die Gesangvereine im ersten Jahrhundert ihres Bestehens gesungen haben. Das 20. Jahrhundert haben wir so gut wie ausgespart. Im zweiten Teil gehen wir dann der Frage nach, wie sich die Chormusik heute noch positionieren könnte.“
Im Mittelpunkt des Konzerts stand der WDR Rundfunkchor Köln, einer der besten Chöre Deutschlands – nach (!) dem SWR Vokal Ensemble, dessen Leiter Huber über 10 Jahre war. Was die Kölner an stilistischem Einfühlungsvermögen und sprudelndem Improvisationstalent an diesem Abend boten, war nicht zu überbieten. Wenn es eines letzten Arguments bedurft hätte, dass der Klangkörper Männerchor nicht sterben darf, dann war dies die Interpretation von Schuberts „Nachtgesang im Walde“. Und wenn es je einer Bestätigung bedurft hätte, dass Johannes Brahms bis heute keinen adäquaten Nachfolger als Frauenchorkomponist gefunden hat (ich übertreibe ein wenig), dann war es die gleich nach den Männern folgenden „Vier Gesänge“ op.17 für Frauenchor, zwei Hörner und Harfe. Zumindest waren vier Gesänge angekündigt, gesungen wurden indes nur drei. „Der Gärtner“ (so der Titel von Stück Nr.3) war diesmal also nicht Mörder, sondern Opfer:-)
Das Paradestück deutscher Männerchöre im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehörte natürlich den Männern: „Lützows wilde Jagd“. Der Theodor-Körner-Text in Carl Maria von Webers Vertonung 1814 ist ein Bravourstück, das nur wenige Männerchöre so kennen, wie es von den „wilden verwegenen Jägern“ des WDR Rundfunkchors virtuos zelebriert wurde. Genial und brillant. Eine Freude war es ohnehin den ganzen Abend über, Rupert Huber zuzusehen, diesem dirigentischen Vokalartisten.
Mit der „wilden Jagd“ begann der eigentliche Chorvereinsteil, der exemplarisch vier Chorsätze zwischen Biedermeier und Revolution präsentierte, in denen Chauvinismus, Nationalismus, Resignation und Rheinromantik jede Menge Gänsehaut transportierten – noch heute! Dazu gehörten weiterhin Robert Radeckes „Aus der Jugendzeit“ (Frauenchor), Johann Wenzel Kalliwodas „Das deutsche Lied“ (Männerchor) und Friedrich Silchers „Lorelei“ (gemischter Chor).
In solche „Niederungen“ ( die Kunstkritik des 19. Jahrhunderts ging mit der „funktionalen Musik“ keineswegs freundlich um) begab sich Robert Schumann niemals. Seine Romanzen für Frauenchor und Klavier op. 91 sind für ein Laienensemble nicht aufführbar, ebenso das Chorstück „Trost“ op. 6 von Max Reger für gem. Chor, mit dem der erste Konzertteil schloss. Reger löst in seinen Modulationen und fließenden Übergängen zwischen den Stimmgruppen die Zeit auf, versetzt den Hörer in ein Gefühl der Unendlichkeitserfahrung: „Und ist kein Tod vorhanden, was Liebes du begräbst, gleich ist´s dir auferstanden, wie du nur treu ihm lebst“. So der Text von Anton Müller. Einen sinnigeren Schluss des ersten Konzertteils konnte man sich schwerlich vorstellen.
Normalerweise wäre an diesem Punkt ein Konzert zu Ende gegangen, ein Konzert mit Chormusik des 19. Jahrhunderts zwischen Bürgertum und absolutem Kunstanspruch. Aber es folgte ein zweiter Teil, der für ein traditionelles Chorpublikum reichlich Sprengstoff bot. Dass es dabei zu keinem einzigen „Buh“ und einhelligem Beifall kam, lag am „was“ und am „wie“.
Es begann mit der Uraufführung des Improvisationsstücks „RE I S I PONS [respons] <Reaktion auf Bestimmtes>
Interpreten waren Teile des Rundfunkchors und die Sängerin und Improvisatorin Natascha Nikeprelevic. Jetzt komme ich zurück zu dem, was ich eingangs erwähnt habe. Ein Konzerterlebnis ist durch keine Konserve der Welt zu ersetzen. Denn Bewegung und Choreographie gehörten ebenso zu dem Stück wie die Musik. Alles war improvisiert und ließ einen zeitweise das Atmen vergessen. weiterlesen »
Das Konzerthaus Dortmund
Johannes Pfeffer, 23.09.2011, Chorfeste, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Wir ermoeglichen auch den Daheimgebliebenen einen kurzen Blick in das Konzerthaus Dortmund, in dem in wenigen Minuten der Rundfunkchor Berlin auftritt. Zu hören gibt es den Passionsbericht des Matthäus von Ernst Pepping. Das 1949 entstandene Werk diente der Bewältigung der Erfahrungen und Grauen des zweiten Weltkrieges. Der Regisseur Hans-Werner Kroesinger hat ein multimediales Erlebnis geschaffen, das Musik und Video vereint und den Besucher ins Geschehen hineinnimmt. Die Leitung hat Stefan Parkmann.