Chorleben - S-Chorverband

Chorprobe im Auto – es funktioniert!!!

Kann es für eine Chorleitung ein schöneres Gefühl geben, als den Chor wieder zu hören?! Live, mit Sichtkontakt und ohne Zeitversatz! Wir haben eine Auto-Probe auf einem Parkplatz gemacht, bei der die SängerInnen im Auto geblieben sind und die Chorleitung über Radio zu hören war. Es war wirklich schön, mal wieder zusammen zu singen! Hier kommt mein Erfahrungsbericht als Chorleitung.

Kurzversion: es braucht einen FM-Transmitter für ca. 20 Euro, einen ruhigen Parkplatz sowie die Genehmigung vom zuständigen Ordnungsamt. Der FM-Transmitter wird im Auto der Chorleitung betrieben, an den FM-Transmitter können ein Mikrofon und ein Abspielgerät, z.B. das Handy angeschlossen werden. Der FM-Transmitter sendet diese Signale als Radio-Frequenz, sodass die SängerInnen in ihren Autos mithören können. Die Chorleitung macht also quasi Radio zum Mitsingen. Bei leicht geöffneten Fenstern (dazu Hinweise weiter unten) sind sogar gegenseitiges Hören und somit echtes Proben möglich.

Zu den Details und zum Hintergrund: der Chor „taktlos“ aus Brackenheim hatte seit Beginn der Corona-Einschränkungen mit Hilfe von Online-Meetings und Übe-Aufnahmen der Chorleitung geprobt. Dabei können sich die SängerInnen aber nicht gegenseitig hören, und die Chorleitung kann die SängerInnen nicht hören, also nicht kontrollieren, ob’s stimmt. Und es ist einfach schade, nicht miteinander singen zu können. Mit vermehrtem Aufkommen der Autokinos war für mich als Chorleiterin klar: das will ich für die Chorproben nutzen!

Eine „große“ Genehmigung zum Betrieb eines Autokinos mit der entsprechenden Frequenz-Nutzung ist aufwändig und teuer. Aber es gibt eine „kleine“ Lösung. Das Zaubergerät heißt FM-Transmitter und kostet zwischen 13 und 25 Euro. Dieses Gerät benötigt nur die Chorleitung, die einzelnen SängerInnen nutzen ihr „normales“ Autoradio. Der FM-Transmitter verwandelt ein Audio-Signal z.B. vom Handy in ein Radio-Signal, nutzt also eine FM-Frequenz, die dann umliegende Autos mit ihrem Autoradio empfangen können. Im Gegensatz zur „großen“ Lösung liegt die Reichweite eines FM-Transmitters jedoch im Bereich einiger Meter, nicht mehrerer Kilometer. Das bedeutet, dass die mögliche Anzahl der teilnehmenden SängerInnen bzw. Autos durch die Entfernung zur Chorleitung mit FM-Transmitter begrenzt ist. Für unsere Auto-Probe haben alle SängerInnen im Kreis um die Chorleitung geparkt, so war Platz für mindestens 20 Autos. Auch eine 2. Reihe haben wir erfolgreich getestet. Der FM-Transmitter bekommt seinen Strom vom Zigarettenanzünder. Ich hatte mir ein Verlängerungskabel für den Zigarettenanzünder gekauft, sodass ich den FM-Transmitter außerhalb des Autos platzieren konnte, was der Sendeleistung vermutlich zuträglich ist. Mein FM-Transmitter hatte 14 Euro gekostet, das Kabel 10 Euro. Bei der Auswahl des Transmitters ist hauptsächlich darauf zu achten, dass dieser einen Aux-Eingang für Klinke-Stecker hat, dies ist nicht bei allen der Fall.

Mit dem Autoradio wird am vereinbarten Parkplatz eine FM-Frequenz gesucht, bei der das Autoradio rauscht, auf der also kein Radiosignal gesendet wird. Die Chorleitung stellt den FM-Transmitter auf diese Frequenz ein und teilt diese den SängerInnen mit. Alle SängerInnen stellen ihr Radio auf die vereinbarte Frequenz ein – und können alles hören, was über den FM-Transmitter gesendet wird. Ich habe bei unserer Chorprobe per Klinke-Kabel (Audiokabel mit Klinkestecker bzw. Aux-Kabel) mein Handy und ein Mikrofon angeschlossen. Damit konnte ich Aufnahmen laufen lassen, zu denen die SängerInnen singen konnten, aber auch „ganz normale“ Chorprobe machen. Ich habe mit meinem Keyboard die Töne angegeben, vorgesungen und vorgespielt, die SängerInnen haben „wie immer“ dazu gesungen.

Nachdem zunächst für die Autokinos die strenge Regel „Die Fenster bleiben zu“ galt, wurde diese Regel wieder etwas gelockert, sodass die Fenster einen Spaltbreit geöffnet sein können. Dies ist natürlich die Voraussetzung dafür, dass das gegenseitige Hören, auch für die Chorleitung, funktioniert. Es reicht tatsächlich, wenn die Fenster nur einen Spaltbreit geöffnet sind, damit die Chorleitung und die NebensängerInnen etwas hören. Alle SängerInnen sind natürlich in den Autos geblieben, nur ich als Chorleiterin habe mich außerhalb meines Autos bewegt. Für die Stimmproben habe ich mich vor die Autos der Stimmgruppe gestellt, die gerade geprobt haben. Damit konnte ich die SängerInnen gut hören und ggf. korrigieren. Direkt vor den wenigen betreffenden Autos stehend brauchte ich dann auch keine Verstärkung durch den FM-Transmitter. Wichtig ist dabei als Randbedingung, dass der Parkplatz ruhig liegt. In unserem Fall fuhren ab und zu Autos vorbei, was dann das gegenseitige Hören deutlich verschlechtert hat.

Bei der Übertragung mittels FM-Transmitter gab es tatsächlich keinen Zeitversatz (mit einer kleinen Ausnahme: ein Sänger hatte mit seinem Elektroauto teilgenommen, bei ihm gab es eine deutliche Verzögerung). Dies eröffnet natürlich auch Möglichkeiten zum Ausbau dieser Art des Probens. Angenommen, die SängerInnen verfügen selbst über Mikrofone und es ist ein Mischpult vorhanden, an den dann der FM-Transmitter angeschlossen wird, könnte so ein noch besseres gemeinsames Hören möglich sein. Apropos Strom: zur Auto-Probe solle auch ein Starthilfekabel mitgebracht werden. Nicht jede Autobatterie hat die Probe durchgehalten!

Und noch das wichtige Kleingedruckte. Natürlich sollte für so eine Aktion die Genehmigung des zuständigen Ordnungsamts vorliegen. Zum einen können dort tagesaktuell die gültigen Regelungen erfragt und abgeglichen werden. Zum anderen informiert das Ordnungsamt die Polizei. Das ist wichtig, da sicherlich aufmerksame NachbarInnen oder SpaziergängerInnen diesen seltsamen Vorfall melden und dann gleich beruhigt werden können. Unser Ordnungsamt hatte uns nochmals auf den notwendigen Abstand von 1,5 Metern hingewiesen. Das ist aber bei einer Auto-Probe nicht schwierig: Da ein durchschnittliches Auto etwa 1,80 Meter breit ist und beim Parken etwa 80 cm Platz zwischen den Autos ist, beträgt der mittlere Abstand von Fahrersitz zu Fahrersitz etwa 2,5 Meter. Die fast geschlossenen Autoscheiben wirken zusätzlich als Spuckschutz. Wir haben auch darauf geachtet, dass Fahrzeuge, bei denen mitsingende EhegattInnen auf dem Beifahrersitz saßen, mehr Abstand gehalten haben.

Das Wichtigste zum Schluss: es hat unglaublich Spaß gemacht! Die Resonanz der SängerInnen war durchweg freudig. Natürlich ist das gegenseitige Hören nicht vergleichbar, einen echten (leisen) Gesamtklang gibt es auch nur für die Chorleitung in der Mitte. Aber es gibt schöne Nebeneffekte. Beim Singen im Auto gibt es eine „trockene“ Akustik, die SängerInnen hören sich also genauer als in der Chorprobe. Die SängerInnen können so laut oder so leise singen, wie es ihnen gefällt. Das kann vor allem bei Stimmübungen von Vorteil sein, die sonst vielleicht als unangenehm empfunden werden. Ob die NebensängerInnen etwas mitbekommen, kann ja durch das Schließen der Fenster gesteuert werden. Vor allem beim Singen ohne Begleitung braucht es eine sehr genaue Abnahme des Dirigats der Chorleitung. Das kann in diesem Zusammenhang endlich mal geübt werden. Und nicht zuletzt, wie eine der SängerInnen zum Abschluss bemerkt hat: „Endlich mal wieder richtig singen! Ich war schon ganz eingerostet. Jetzt läuft es wieder!“

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Tabea Raidt, 7. Mai 2020, ARCHIV: Zabergäu-Sängerbund, Chorgattung, Chorpraxis, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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