Standing Ovations in der Schwabenlandhalle
Der Oeffinger Liederkranz feierte in Fellbach sein 175. Jubiläum ganz anders, als man es vielleicht erwarten würde.
Als die Chöre sich zu einem Schiff formten, die Schiffssirene erklang, Jessica Eckhoff und Oliver Haux am Bug die Arme ausbreiteten und gemeinsam mit den Chören mit „My heart will be go on“ aus Titanic das Konzert beendeten, brandete der Beifall auf. Mit Standing Ovations dankte das Publikum für einen wunderbaren Abend, an dem gern gehörte Schlager, Hits & Ohrwürmer auf kurzweilige und überraschend witzige Art dargebracht wurden.
Regisseurin Sabine Eberspächer hatte eine Rahmenhandlung um die Lieder gestrickt, in der die Liebe eine große Rolle spielte. Die Bühne war zur Hälfte in ein „Café Sasse“ verwandelt worden, eine Jukebox stand im Mittelpunkt des Geschehens und ein Motorrad aus den 1960er Jahren glänzte vor der Bühne. „Ich will keine Schokolade“ und „Ich will nen Cowboy als Mann“ erklang aus den Lautsprechern, und Carmela Schmidt eröffnete als Staubwedel schwingende Putzfrau das Singspiel.
Mit „Wenn ich vergnügt bin, muss ich singen“ eroberten sich die Sängerinnen und Sänger temperamentvoll die Bühne, und das Publikum ließ sich vom ersten Ton an mitreißen. Das war auch nicht schwer, dann was die Chöre und Jessica Eckhoff, Sopran und Oliver Haux, Bass boten, hatte hohen Unterhaltungswert. „Lollipop“, mit Plop gesungen, „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ mit perfekt abgestimmtem Chor-Kuss, begeisterte die Zuhörer. Dass der Chor sogar eine Strophe pfeifen kann, stellte er in „Ich zähle täglich meine Sorgen“ unter Beweis. Beim fetzigen Ohrwurm „Marmor, Stein und Eisen bricht“ von Drafi Deutscher konnten viele Zuhörer nicht an sich halten und sangen mit.
Der Kriminalteil mit Liedtiteln wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, „Kriminaltango“ und „Der Mörder ist immer der Gärtner“ hatten es in sich. Doris Zink und Ewald Fritzle spielten die Geschichte um die Thriller lesende Mimi überzeugend. Susanne und Harald Koschke bewiesen, dass sie Tango tanzen können und Klaus Köberlein zeigte seine gärtnerischen Talente, bevor er von Rüdiger Bonrath ermordet wurde. André Putzke inszenierte präzise seine Schüsse und die Polizisten Andreas Walter und Winfried Döneke verhafteten den Mörder. Auch die Schreie und das hämische Lachen kamen punktgenau aus dem großen Chor. Hier darf auch die Technik nicht unerwähnt bleiben. Die Geräusche, die erklangen, wenn das Geldstück in die Jukebox fiel, das Anlassen des Motorrades und der satte Ton der Schiffshupe der „Titanic“ wurden punktgenau gesteuert.
Der junge Chor begeisterte mit „The Lion sleeps tonight“ und „Can you feel the love tonight?” von Elton John. Hier im Dschungel waren sie schwarz gekleidet und mit Seilen umschlungen. Sie lebten die Szenen und man merkte, dass ihnen die Darstellungen viel Freude bereitet haben. Die passende Urwalduntermalung lieferte Winfried Döneke mit dem Cajón.
Mit „Que Sera“, „I feel pretty“ und „I will always love you“ setzte sich Jessica Eckhoff ausgezeichnet in Scene. Ihre wunderbare Sopranstimme passte zum warmen Bass von Oliver Haux, der sich bei Jessica mit „Fly me to the moon“ einschmeichelte, bevor beide ihre Liebe mit „Endless love“ besiegelten.
Der Wunsch nach kurzen Großworten wurde eingehalten. Vorstand Roger Reddig freute sich über die vielen Besucher und begrüßte sie mit „Ich umarme sie alle herzlich“. Oberbürgermeister Christoph Palm, der anfangs zusammen mit Reddig auf der Bühne Platz genommen hatte, betonte, dass 175 Jahre ein besonderes Jubiläum seien und deshalb für den stimmgewaltigen Liederkranz die größte Bühne der Stadt bereit stehe.
Mit nostalgisch gebundenen Nelkensträußen und Weinpräsenten dankte Roger Reddig den Mitwirkenden. Er bestätigte Jessica Eckhoff und Oliver Haux, dass sie mit ihren Liedern und ihren darstellerischen Leistungen die Herzen der Fellbacher erobert haben. Sein besonderer Dank galt Sabine Eberspächer, die mit Regieplan und körperlichem Einsatz die Sänger schon in den vielen Chorproben in Bewegung gebracht hatte. Chorleiterin Anita Sasse brachte die Kunst auf, mit kleinen Bewegungen Sänger, Solisten, Musiker, Darsteller und Transporteure von Requisiten zu dirigieren. Mit Fingerspitzengefühl begleitete Gregor Wohak am Flügel. Die Zuhörer spürten seine Vertrautheit und die Verbundenheit mit Anita Sasse und den Chören. Er wurde am Schlagzeug tatkräftig unterstützt von Fabian Keitel.
Hans-Albert Schur, Präsident des Chorverbandes Friedrich Silcher, war sich mit Roger Reddig einig, dass der Abend eine brillante Werbeveranstaltung für modernen Chorgesang war. Er überreichte dem Vorsitzenden des Liederkranzes eine anerkennende Ehrenurkunde des Deutschen Chorverbands aus Anlass des 175-jährigen Bestehens des Vereins.
Mit dem Schlaflied „La Le Lu“ verabschiedeten sich die Chöre von ihrem Publikum und Fabian Keitel war so müde, dass er auf seinem Schlagzeug einschlief. Gisela Reddig, Fotos: Peter Hartung
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 19. Jul 2011, Chorverband Friedrich Silcher, gemischte Chöre, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.