Eingetragener Verein oder nicht?
In der praktischen Vereinsarbeit ist diese Fragestellung wenig bedeutsam. Die Frage ist viel häufiger: Können wir uns als neV zusammenschließen oder ist es notwendig (aus verschiedenen Gründen), einen e. V. zu gründen?
Für die praktische Beratung ist die Feststellung von erheblicher Bedeutung, dass einerseits der Mehraufwand, der betrieben werden muss, um einen e. V. zu gründen und zur Eintragung zu bringen, gegenüber den Maßnahmen geringfügig ist, die zur Gründung eines neV erforderlich sind. Das gilt für die Gründung und Führung wie für die praktische Abwicklung; wie die Kommentierung ausweist, beschränkt sich die Unterscheidung des rechtsfähigen Vereins (e. V.) vom nicht rechtsfähigen (neV) auf das Fehlen einer Eintragung im Register. Der damit verbundene Aufwand ist geringfügig. Ein Chor, der sich vereinsmäßig zusammenschließen will, besteht ohnehin in aller Regel aus mehr als 7 Mitgliedern, so dass der Vorteil, beim neV mit 2 Gründungsmitgliedern anstelle von 7 (Sollvorschrift, § 56 BGB) „auszukommen“, von geringer Bedeutung ist.
Steuerliche Rechte und Pflichten
Dass auch ein neV Träger von steuerlichen Rechten und Pflichten sein kann und deshalb gemeinnützig, trifft zu; doch geht die Kommentarliteratur von einer nur partiellen Steuerrechtsfähigkeit aus. Auch ist (s. u.) die Abwicklung des steuerrechtlichen Verkehrs bei einem neV gegenüber dem eingetragenen, also uneingeschränkt rechtsfähigen Verein und in Haftungsfragen deutlich komplizierter; dies bezieht sich auch und insbesondere auf die steuerrechtliche Haftung der für den neV Handelnden.
Satzung und Geldangelegenheiten
Eine Satzung, einen Vorstand benötigt der neV ebenso wie der eingetragene Verein. Nimmt man die Probleme hinzu, die ein neV nach wie vor bei der Eröffnung eines Bankkontos (kommt häufig vor) oder beim Erwerb eines Grundstücks (kommt bei Gesangvereinen seltener vor) hat, fragt man sich in der Tat, welchen Vorteil der neV gegenüber dem eingetragenen Verein hat, wenn der Mehraufwand zur Eintragung eines Vereins derart gering ist im Verhältnis zu den praktischen Schwierigkeiten und Risiken des neV.
Novellierung des Vereinsrechts
Es mag ja sein, dass das Bundesjustizministerium seit 2004 über einem Referentenentwurf zur Novellierung des Vereinsrechts brütet; die Tatsache, dass er dies seit rund 4 Jahren tut, zeigt indessen, dass die zugrundeliegende Problematik nicht als von höchster Priorität angesehen wird. Einige Autoren zum Referentenentwurf bestreiten im übrigen, dass es einen Bedarf für die erwogene Änderung gibt.
Haftungsfragen
Bei der Haftung derjenigen, die für den Verein handeln, gibt es im übrigen gem. § 54 Satz 2 BGB nach wie vor erhebliche Unterschiede. Der Anwendungsbereich des § 54 Satz 2 BGB über die Haftung des für den nicht rechtsfähigen Verein Handelnden ist nicht abdingbar. Die Gleichstellung in der Haftung gilt nur für § 54 Satz 1 BGB. Die persönliche Haftung des Handelnden anstelle der Haftung des Vereins ist beim neV weiterhin unbeschränkt und gesamtschuldnerisch. Das gilt für alle Rechtsgeschäfte, die ein für den Verein Handelnder ausgeführt hat, und für die deliktische Haftung ohnehin.
Schlussbemerkung
Zugegeben: Die Unterschiede zwischen eingetragenem Verein und neV sind weder grundlegend noch tiefgreifend. Eben gerade deshalb: Man spart nicht viel, wenn man es beim nicht eingetragenen Verein belässt oder – nur – einen solchen gründet. Im Gegenteil: Diejenigen, die im Vereinsalltag die organisatorische Verantwortung für den neV tragen, haben es deutlich schwerer und komplizierter. Und sie haften deutlich schärfer, wenn sie für einen nicht eingetragenen Verein handeln statt für einen eingetragenen Verein.
Deshalb: Bei der Neugründung ist der eingetragene Verein vorzuziehen. Besteht bereits ein nicht eingetragener Verein, kann dieser (muss aber nicht) – in aller Ruhe und bei nächster Gelegenheit – in einen eingetragenen Verein umgewandelt werden.
Verfasser: Rechtsanwalt Christian Heieck, Kanzlei Rechtsanwälte Eisenmann Wähle Birk, Bopserstraße 17, 70180 Stuttgart, Telefon 0711/2382422/3, Fax 0711/2382555, Email stuttgart@ewb-rechtsanwaelte.de
Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtspraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.
Johannes Pfeffer, 11. Jan 2009, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.