Wissenswertes zum Vorstand
Sind Sie oder gehören Sie zum Vorstand eines Vereins? Dann lesen Sie unbedingt weiter, im Folgenden hat Rechtsanwalt Christian Heieck allerlei Wissenswertes zum Vorstand eines Vereins zusammengestellt.
Wir hören viel Gutes, Kreatives, Integratives zur Arbeit der Vorstände in den Chorvereinigungen des Schwäbischen Chorverbandes. Wo dies der Fall ist, ist man sich der besonderen Bedeutung einer guten Vorstandsarbeit bewusst und man nimmt die zugewiesenen Verantwortlichkeiten wahr. Der Verein ist eine „juristische Person“, die nicht selbst, sondern nur durch den Vorstand handeln kann. Die Mitgliederversammlung ist zwar das höchste, unverzichtbare Organ des Vereins, doch kann diese den Verein nicht nach außen vertreten. Nach außen „handelt“ der Vorstand. Erschließt Verträge ab, bezahlt Rechnungen, gibt Erklärungen ab gegenüber der Gemeinde, dem SCV, dem Vereinsreg ister u. V. m. Der Vorstand ist sozusagen „Hand“ und „Stimme“ des Vereins. In der Sprache des Gesetzes (§ 26 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BGB) hat der Vorstand die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.
Wer gehört zum Vorstand?
In den Satzungen und in der Praxis der Chorvereinigungen kommt fast alles vor, was man sich zur Frage ausdenken kann, wie ein Vorstand zusammengesetzt ist. In manchen Satzungen wird der Vorstand sogar ganz vergessen; in einem solchen Fall hängt es davon ab, ob der Vorstand trotzdem vom Vereinsregister eingetragen wurde; in diesem Falle besteht der Vorstand nur aus einer – von der Mitgliederversammlung gewählten – Person. Meistens hat der Vorstand jedoch mehrere Mitglieder, zu viele manchmal. Man spricht dann von einem „mehrgliedrigen Vorstand“. Das geht nur, wenn die Satzung einen solchen mehrgliedrigen Vorstand regelt.
Wenn das – wie meist – der Fall ist, gibt es solche Vorstandsmitglieder, die den Verein nicht vertreten dürfen, und solche (mindestens einen), die den Verein nach außen vertreten. Übrigens: Der Vorstand muss nicht so heißen; er wird auch „Ausschuss“, „Leitungskreis“, „Team“ oder ähnlich genannt. Wenn im Verein mehrere Gremien tätig sind, empfiehlt es sich allerdings, den Vorstand dann auch so zu nennen, wie das Gesetz es vorsieht.
Der Vorstandsbegriff
Er ist von Gesetz und Satzung unterschiedlich. § 26 BGB versteht darunter nur den außenvertretungsberechtigten Vorstand. Die Satzung versteht darunter alle Vorstandsmitglieder, gleichgültig ob sie außenvertretungsberechtigt sind, gewählt oder entsandt („geborene“ oder „gekorene“ Vorstandsmitglieder). Gehört dem Vorstand kraft Amtes der jeweilige Bürgermeister einer Gemeinde an, was nicht selten vorkommt und auch zulässig ist, da ein Vorstandsmitglied nicht zwingend Vereinsmitglied sein muss, dann ist dieser Bürgermeister ein „gekorenes“ (nicht gewähltes, sonder entsandtes) Vorstandsmitglied. „Gekoren“ heißt gewählt. Auch Nichtvereinsmitglieder können in den Vorstand gewählt werden, es sei denn, die Satzung sagt aus, dass nur Vereinsmitglieder in den Vorstand wählbar sind. Die verschiedenen Bestandteile des Vorstandes („engerer Vorstand“, vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder, erweiterter Vorstand, Funktionsträger) sollten in der Satzung genau bezeichnet und voneinander abgegrenzt sein.
Vertretungsberechtigung
Vertretungsberechtigt ist ein Vorstand nur, wenn er unbedingt vertretungsberechtigt ist. In manchen Satzungen heißt es, dass der Vorsitzende im Fall seiner Verhinderung durch den stellvertretenden Vorsitzenden (oder ein anderes Vorstandsmitglied) vertreten wird. Das geht so nicht und hat bei korrekter Anwendung des § 26 BGB zur Folge, dass eine solche Satzung oder Satzungsänderung nicht eingetragen wird. Die Beschränkung der Außenvertretungsbefugnis kann nämlich nur im Innenverhältnis bestimmt werden. Das heißt: Es sollte in der Satzung geregelt sein, dass – zum Beispiel – der Vorstand und sein Stellvertreter je einzeln vertretungsberechtigt sind, dass jedoch im Innenverhältnis bestimmt wird, dass der stellvertretende Vorsitzende nur im Fall der Verhinderung des Ersten Vorsitzenden die Vertretungsbefugnis soll ausüben können.
Rücktritt während der Amtszeit
Häufig kommt es vor, dass Vorstände während ihrer Amtszeit zurücktreten. Viele Satzungen sehen für diesen Fall vor, dass das Vorstandsmitglied bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt bleibt. Diese Regelung ist jedoch oft nicht zweckmäßig, insbesondere dann, wenn das Vorstandsmitglied aus gesundheitlichen oder persönlichen Gründen oder im Streit geschieden ist. In diesen Fällen sollte man Reisende in der Tat nicht aufhalten; problematisch wird die Situation ohnehin nur, wenn entweder alle Vorstandsmitglieder zurücktreten oder das einzige vertretungsberechtigte Vorstandsmitglied zurücktritt und ausscheidet. Diese Konstellation ruft die Frage der Bestellung eines Notvorstandes durch das Amtsgericht hervor; darüber soll jedoch bei anderer Gelegenheit berichtet werden. (link)
Die Satzung darf auch nicht vorsehen, dass ein anderes Vorstandsmitglied vertretungsbefugt wird, wenn das einzige, vertretungsberechtigte Vorstandsmitglied zurücktritt. Es empfiehlt sich deshalb immer, mehrere Vorstandsmitglieder als einzelvertretungsbefugt in der Satzung zu verankern und im Innenverhältnis die Aktivierung der Vertretereigenschaft des Stellvertreters auf den Verhinderungsfall zu beschränken. Im übrigen muss es nicht ein nach außen vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied sein, welches eine Vorstandssitzung einberuft, wenn beispielsweise der vertretungsberechtigte Vorstand zurückgetreten ist. Das können die anderen Vorstandsmitglieder oder der übrig bleibende Vorstand auch, es sei denn, die Satzung schließt dies ausdrücklich aus.
Ein Streitfall aus der Praxis
Ein Fall aus dem reichen Fundus der Streitigkeiten innerhalb des Vorstandes (die Streithähne hatten jeweils entsprechende Teile der Mitglieder „hinter sich“): Der erste Vorsitzende trat zurück; er und sein Stellvertreter waren jeweils allein vertretungsbefugt. Der stellvertretende Vorsitzende gehörte einer Gruppierung im Verein an, die übrigen Vorstandsmitglieder der anderen. In der Satzung war geregelt, dass der Vorsitzende zu Vorstandssitzungen und Mitgliederversammlungen einlädt (eine wenig sinnvolle Regelung, die aber dennoch getroffen wurde). Dem ersten Vorsitzenden war in der Satzung eine starke Stellung mit ungewöhnlich vielen Befugnissen in seiner Person und Funktion zugewiesen. Der Stellvertreter meinte nun, durch den Rücktritt des ersten Vorsitzenden rücke er automatisch in dessen Rechtsstellung ein; so handelte er auch und wurde massiv und einseitig für die ihm nahestehende Gruppe der Vereinsmitglieder tätig.
Dagegen wehrten sich die übrigen Vorstandsmitglieder – mit Erfolg: Das Ausscheiden des Ersten Vorsitzenden durch Austritt aus dem Vorstand war kein Fall der Stellvertretung, weshalb der Stellvertreter nicht zum „Nachfolger“ des Ersten Vorsitzenden wurde. Im Grunde war der Stellvertreter mit dem Wegfall des Ersten Vorsitzenden kein Stellvertreter mehr, sondern nur ein normales Vorstandsmitglied neben den übrigen Vorstandsmitgliedern bis zur Neuwahl eines ersten Vorsitzenden. Das hat das Bayerische Oberste Landesgericht schon 1972 entschieden. Scheidet ein Vorstandsmitglied aus, kann sein Posten bis zur regulären Neuwahl unbesetzt bleiben, wenn er nicht einziges, alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied ist. Der übrige Vorstand kann aber auch zur Erhöhung der personellen Kapazität für die Vorstandsarbeit bis zum Ende der Legislaturperiode ein anderes Vereinsmitglied – mit dessen Zustimmung – beauftragen, im Vorstand mitzuarbeiten. Schließlich: Zur Eintragung ins Vereinsregister angemeldet werden müssen nur solche Änderungen, die das Gesetz fordert, also beim Vorstand die Neuwahl (nicht: Wiederwahl) eines vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieds.
Wird – was häufig geschieht – die Anmeldung beim Vereinsregister vergessen, ändert das nichts an der Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte, die ein rechtmäßig gewählter Vorstand abschließt.
Andererseits: Vergisst ein Vorstand, ein neues, vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied beim Vereinsregister anzumelden, wird er in aller Regel auch vergessen, die Abberufung des alten Vorstandes dem Registergericht mitzuteilen. Dann kann die Situation entstehen, dass der abberufene Vorstand – da noch im Register eingetragen – Rechtshandlungen vornimmt, die der Verein – der die Mitteilung an das Vereinsregister vergessen hat-gegen sich gelten lassen muss.
Hier ist eine Vielzahl von – sehr unerfreulichen – Fallgestaltungen denkbar, die es dringend angezeigt erscheinen lassen, Änderungen beim vertretungsberechtigten Vorstand unverzüglich dem Vereinsregister anzumelden. Wie das zu geschehen hat, wird bei nächster Gelegenheit zum Thema „Umgang mit dem Vereinsregister“ berichtet werden.
Verfasser: Rechtsanwalt Christian Heieck, Kanzlei Rechtsanwälte Eisenmann Wähle Birk, Bopserstraße 17, 70180 Stuttgart, Telefon 0711/2382422/3, Fax 0711/2382555, Email stuttgart@ewb-rechtsanwaelte.de
Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtspraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.
Johannes Pfeffer, 9. Okt 2008, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.