Rundfunkchor Berlin probt mit Peter Sellars bei Chor@Berlin
Johannes Pfeffer, 17.02.2014, Chorfeste, gemischte Chöre, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Kann man ein Oratorium wie die Johannespassion von Johann Sebastian Bach szenisch auf der Bühne präsentieren?
Der Rundfunkchor Berlin unter der Leitung von Simon Halsey bringt nach der erfolgreichen Matthäuspassion im Jahr 2010 erneut eine halbszenische Inszenierung mit Regiesseur Peter Sellars auf die Bühne. Zusammen mit den Berliner Philharmonikern wird die szenische Johannespassion im Februrar in Berlin und an Ostern in Baden-Baden aufgeführt.
Vocals On Air – Reporter Holger Frank Heimsch begleitete die erste szenische Probe im Rahmen von Chor@Berlin 2014 im Radialsystem V.
Chormusik muss durch den Körper gehen
Johannes Pfeffer, 15.02.2014, Chorfeste, Fortbildungen, gemischte Chöre, Kommentare geschlossen
„Repeat, repeat, repeat“. Simon Halsey hat sichtlich Mühe daran den vor Ideen sprudelnden Regisseur Peter Sellars zu stoppen. Insbesondere musste der Chefdirigent des Rundfunkchors Berlin darauf achten, dass die rund 40 Sänger die Bewegungen, den Ausdruck und die Choreografie mit der Musik zusammenbringen können.
Der Rundfunkchor Berlin und Peter Sellars haben ihre erste gemeinsame Probe für die inszenierte Fassung der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach für das Publikum geöffnet. Im Rahmen des Vokalfestivals chor@Berlin verfolgten rund 200 interessierte die konzentrierte, jedoch durch Peter Sellars Art sehr lebendige, Probenatmosphäre. Die Fassung der Johannes-Passion kommt, gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern, am 28. Februar in der Philharmonie Berlin und danach bei den Osterfestspielen in Baden-Baden zur Aufführung.
Für mich ist wichtig, dass Musik Communities zusammenbringt
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 1.07.2011, Chorfeste, Chorpraxis, Kinderchöre, Singen und Stimme, Kommentare geschlossen
Ein Gespräch mit Simon Halsey über das Grundschulprojekt SING u.a.
Mehr noch als im spielorientierten Kindergarten werden in der Grundschule die Weichen für musikaffine Lebensläufe gestellt. Dies gilt für alle Formen ästhetischer Bildung, aber auch für Bewegung und eine gesundheitsbewusste Lebensweise.
Was im 19. Jhdt. selbstverständlich war (siehe Friedrich Schillers Schrift „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“, 1795), musste in den letzten Jahrzehnten in seiner Bedeutung erst wieder erkannt und neu installiert werden. Bei den musikalischen Aktivitäten in der Grundschule gehört die an der Jahrtausendwende in Stuttgart entstandene Stiftung „Singen mit Kindern“ zweifelsfrei zu den Vorreitern eines singbetonten Musikunterrichts in der Grundschule. Nahezu gleichzeitig entstand in England das Projekt „Sing up“, das wiederum Vorbild für Simon Halsey und seine Aktivitäten an Berliner Grundschulen war. Mareike Layer sprach für die Zeitschrift SINGEN mit dem Chefdirigenten des Rundfunkchors Berlin.
SINGEN: Seit einiger Zeit gibt es das Projekt „SING!“ an drei Grundschulen in Berlin, das sich zum Ziel gesetzt hat, das Singen mit Kindern im Grundschulbereich unter professioneller Anleitung zu fördern. Wie ist das Projekt entstanden und welche Parallelen gibt es zu bestehenden Projekten?
Simon Halsey: Zunächst, 1985 war ich bei einer Konferenz in Oxford, wo viele Dirigenten zusammengekommen sind. Wir waren der Meinung, wir sind in einer Krise mit der Chormusik. Alle, die singen sind älter geworden. Die jungen Leute singen nicht mehr so oft, wie in der Vergangenheit. – Als ich Kind war, haben noch alle jeden Tag in der Schule gesungen, und zwar in allen Schulen. In den 70er und 80er Jahren ist es schlechter und schlechter geworden. 1985 hat eine ganze Generation von Dirigenten gesagt, wir müssen etwas tun. So haben wir angefangen Jugendchöre zu gründen und wir haben uns auch mit den Verantwortlichen in Regierung in Westminster gesprochen. 2000, also nach 15 Jahren, hat Tony Blair, der damals an der Regierung war, gesagt: Ja, wir verstehen, Chormusik ist ganz wichtig. Und jetzt haben wir seit etwa 2000 ein Projekt, es heißt „Sing up“, mit einer jährlichen Förderung von zehn Millionen Pfund.
Das Ziel ist, dass in ein paar Jahren alle Grundschüler wieder singen, und zwar jeden Tag, wie in der Vergangenheit. Dafür wollen wir zwei verantwortliche Lehrer und Lehrerinnen pro Schule, die Gesangstraining mit Dirigenten bekommen. Es sind nicht Musikspezialisten gemeint, sondern normale Lehrer und Lehrerinnen. Wichtig ist nicht, dass die Schüler einen Chor haben, aber dass alle singen. Vielleicht gibt es zusätzlich einen Chor für Schüler, die besondere Musik machen wollen, aber es ist vor allem wichtig, dass alle singen. Wir wissen schon, dass über 80% der Schulen diese Arbeit bereits machen. Als ich das in England gesehen habe, habe ich gedacht, dass wir auch hier so ein Projekt brauchen. Und natürlich ist das Ziel auch hier, dass alle singen, aber wir müssen klein anfangen. Deshalb beginnen wir mit drei Grundschulen hier in Berlin und werden sehen, was möglich ist. Ich weiß, dass nicht nur wir ein kleines Projekt haben, sondern dass es überall in Deutschland Projekte gibt. Was wirklich wichtig ist, ist, dass Chormusik, so wie in England, jetzt eine Renaissance gehabt hat, weil eine ganze Generation gesagt hat: Wir brauchen eine Renaissance. Ich habe das Gefühl, dass in Deutschland so viele etwas verbessern wollen. Unser Chor ist nun erst mal verantwortlich für eine kleine Ecke hier in Berlin und alle anderen – in Bremen oder München – sind ebenso verantwortlich in ihren Städten etwas zu tun. So dass in 20 Jahren vielleicht wieder alle singen. Oder die Chöre jünger sind, die Chormusik lebendiger ist, das Repertoire breiter.
SINGEN: Der Rundfunkchor Berlin hat als professioneller Chor natürlich eine besondere Mission, da die Schüler, die noch gar nicht singen, beeindruckt werden, von dem, was man mit der Stimme professionell machen kann. Können Sie sich, insofern es gut funktioniert, vorstellen, das Projekt auszuweiten, möglicherweise auch auf bereits bestehende Kooperationen? weiterlesen »