Die neue ChorApp von CARUS. Der Praxistest von SINGEN
Wie funktioniert sie, wie hilfreich ist sie, macht es vielleicht sogar mehr Spaß mit digitalen Dirigenten zu singen als den eigenen analogen? SINGEN wollte es genau wissen und bat den Carus-Verlag, einer Sängerin und einem Sänger im Philharmonischen Chor Esslingen die soeben erschienene Chor-App zur „Ode an die Freude“ zur Verfügung zu stellen. (Foto: Carus)
Beethovens 9. Sinfonie am 18. Oktober in Esslingen
Der Philharmonische Chor Esslingen feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag und führt am 18. Oktober Beethovens 9. Sinfonie auf. Eine der Sängerinnen ist Iris Pfeiffer, bei Carus Leiterin der Abteilung Marketing / Öffentlichkeitsarbeit / Werbung. Von ihr ließen wir uns die Chor-App erklären. Im Juli und August übten unsere beiden Chor-App-Testpersonen Susanne Scheck und Marcus Gassmann dann fleißig mit ihrem Handy bzw. Tablet. Hier sind ihre Eindrücke. Zunächst der Bericht von Susanne Scheck:
SINGEN: Hat es Spaß gemacht, mit dem Programm zu arbeiten und hat es Sie mehr zum Singen motiviert (ehrlich!) als ohne die App?
Susanne Scheck: Es macht großen Spaß mit der App zu üben. Ich habe allerdings nicht häufiger geübt, aber es ist intensiver, da es nicht nebenher geht, ich schaue immer ganz gebannt auf den Balken:) Auf dem Smartphone ist es etwas klein, aber es geht.
SINGEN: Wie sind Sie mit dem „Coach“ zurechtgekommen?
Susanne Scheck: Der Coach ist eine gute Idee, ich komme mit der Klavierstimme gut klar, ist mir lieber als eine Singstimme, da es neutraler ist und man es gut heraushören kann.
SINGEN: Wäre es besser, nicht nur seine eigene Stimme herausgehoben zu hören, sondern auch noch eine zweite und/oder 3. Stimme? So wie man manchmal auch im Chor in verschiedenen Kombinationen probt.
Susanne Scheck: Aus meiner Sicht braucht man keine weiteren Kombinationen, da alle Stimmen gut zu hören sind, allerdings ist das für den Sopran auch immer einfacher. Was ich super finde, ist, dass ich häufig wiederholen kann und gleich an einer bestimmten Stelle einsteigen kann, das ist sehr effektiv.
SINGEN: Was würden Sie sich von dem Programm zusätzlich wünschen?
Susanne Scheck: Ich zeichne mir gerne kritische Stellen in meinen Noten an. Das wäre toll, wenn das ginge, aber ansonsten kann ich mir auch die Noten daneben legen. Ich übe eher kurz und häufiger die Stellen, an denen ich noch nicht sicher bin.
SINGEN: Wie oft haben Sie damit geübt?
Susanne Scheck: Gerade sind ja Chorferien, da gönne ich mir auch eine Pause, aber sonntags bzw. montags vor der Chorprobe schaue ich mir die kritischen Stellen noch mal an und übe sie mit der ChorApp.
SINGEN: Angeblich kann man damit sogar im Auto lernen, oder – wie es ein Film mit Helmuth Rilling suggeriert – beim Kochen. Können Sie das bestätigen?
Susanne Scheck: Beim Kochen habe ich bisher nicht geübt, aber auf der Terrasse. Ich hoffe zur Freude meiner Nachbarn!
Unser Bild zeigt Iris Pfeiffer (Mitte) und die beiden Chor-App-Testpersonen Susanne Scheck und Marcus Gassmann (Foto: Sabine Layer)
Einfache Bedienung, schnelle Verfügbarkeit und Funktionalität
Marcus Gaßmann berichtet über seinen Test der ChorApp
Mir hat die Arbeit mit der Chor App sehr viel Spaß gemacht und das Einstudieren der 9. Sinfonie zuhause sehr erleichtert. Da ich sowieso immer wieder Zeit am Tablet verbringe, konnte ich einfach mal kurz in das Stück reinhören und „reinproben“, wenn mal 5 – 10 Minuten Zeit waren. Die schnelle Verfügbarkeit des kompletten Stückes mit Notenauszug und der kompletten Aufnahme einfach nur durch das Starten der App, motiviert durchaus zur Probe zwischendurch. Vorteilhaft ist auch, dass man wie bei E-Books mehrere Werke auf dem Tablet immer dabei haben kann, ohne großen Platzbedarf und zusätzlicher Abspielgeräte.
Die Bedienung
Die Bedienung ist intuitiv und leicht erlernbar, Seiten vor und zurück blättert man mit einem Wischen auf dem Display, innerhalb der Partitur kann man einfach auf eine bestimmte Stelle mit dem Finger drücken und das Stück geht dann sofort an dieser Stelle weiter. Dadurch lassen sich ganz einfach bestimmte Stellen gezielt wiederholen, die vielleicht noch Schwierigkeiten bereiten. Sollte die Originalgeschwindigkeit des Stückes zu hoch sein, kann ein spezieller „Langsam“ Modus eingeschaltet werden, der die Ablaufgeschwindigkeit so verringert, dass man den Notenläufen sehr gut folgen kann. Mir persönlich gefällt das Üben mit der vorgegebenen Klavierstimme, die die eigene Stimmlage hervorhebt (etwas lauter gespielt wird), sehr gut, da ich mich so besser auf die Noten und den dazu gesungenen Text konzentrieren kann. Das ist aber sicherlich individuell verschieden und vielleicht kann man zukünftig in der App ohne großen Aufwand eine Auswahloption integrieren, die es erlaubt, nach Wunsch anstatt der Klavierstimme auch eine Singstimme abspielen zu lassen. Weitere Singstimmen zusätzlich in der Lautstärke hervorzuheben, wäre für mich nicht hilfreich, weil ich mich dann nicht mehr ausschließlich auf meinen Part konzentrieren könnte. Es reicht mir, wenn ich den Gesamtklang dann wieder in der Chorprobe höre, daheim will ich mich ausschließlich um meine Stimme kümmern. Aber auch hier ist das natürlich meine sehr individuelle Meinung, weitere Auswahlmöglichkeiten in der App, die den Funktionsumfang erweitern, sind sicherlich erwünscht.
Übungszeiten
In den letzten Wochen habe ich ungefähr 2-3-mal pro Woche mit der App gearbeitet, wobei die verschiedenen Probezeiten unterschiedlich waren. Im Schnitt habe ich einmal die Woche etwas länger und gezielt bestimmte Stellen geprobt, die noch etwas „hakelig“ waren (so eine knappe Stunde insgesamt),und noch weitere ein- bis zweimal so zwischen 10 und 20 Minuten das Stück durchgesungen oder auch nur mal reingehört. Beim Kochen und Autofahren konnte ich noch keine praktischen Erfahrungen sammeln, ersteres tue ich nicht so oft und letzteres kann ich mir zwar sehr gut vorstellen (wenn man nicht gerade selber fährt), möchte meine Proben aber doch eher mit so wenig Zuhörern als möglich durchführen. Von meinem fast dreijährigen Sohn bekomme ich jetzt schon, wenn ich nur Melodien mitsumme oder leise mitsinge, recht oft die Rückmeldung „Papa, nicht singen …“. Was aber recht gut geht, ist zumindest das Abspielen des Stückes während man Rezensionen schreibt … ;-)
Wünsche für die Zukunft
Wünschen würde ich mir für die Zukunft eine rasche Erweiterung des Angebotes der unterschiedlichen Werke, die im Carus-Verlag gedruckt schon erschienen sind, die dann vielleicht auch in Kombination mit dem gedruckten Klavierauszug zusammen zu einem Kombipreis zu erwerben sind. Als Endausbaustufe würde es mir gefallen irgendwann den kompletten Klavierauszug digital zu bekommen, mit der Möglichkeit darin eigene Notizen und Vermerke einzutragen, so wie in der gedruckten Ausgabe eben auch. Dazu müssten aber auch die Displaygrößen der Geräte einfach noch größer und die Geräte selbst etwas leichter und ergonomischer werden, auf dem Tablet ist die Übersicht manchmal doch noch etwas eingeschränkt. Nicht auszudenken, wenn sich die Dirigentinnen dank digitaler Ausgaben zukünftig keine Sorgen mehr wegen des zu lauten Umblätterns während der Aufführung machen müssten … ;-)
Mein Fazit
Für Chorsänger wie mich, die unterm Jahr aus Zeitgründen nicht so ganz regelmäßig die Chorproben besuchen können, ist die Carus-App dank ihrer wirklich einfachen Bedienung, schnellen Verfügbarkeit und Funktionalität eine gelungene Unterstützung, um die eigene Stimmlage zuhause zuverlässig und sicher zu erlernen. Wolfgang Layer (Beitrag aus SINGEN 8/9-2015)
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 17. Sep 2015, Chorgattung, Chorpraxis, Frauenchöre, gemischte Chöre, Singen und Stimme, Themen, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.