CD Vorstellung „Weg zum Licht op. 61″ mit dem Mädchenchor am Essener Dom
Beim Leipziger Label Rondeau ist im Januar die Aufnahme der Komposition „Weg zum Licht“ für drei- bis 24- stimmigen Chor a cappella von Rolf Rudin erschienen.
Schon beim ersten Hören erfasst die Intensität der Musik den Hörer. Dafür sorgt in erster Linie der Klang des Mädchenchors am Essener Dom. Das Ensemble musiziert unter seinem Leiter und Gründer Raimund Wippermann. Der Chor überzeugt durch eine hohe Textverständlichkeit bei gleichzeit rundem Klang. Dieser wird nur an einigen wenigen Stellen durch durch die etwas grell einsetzenden hohen Stimmen durchbrochen. Im Essener Dom, dem Heimatkonzertort, kann der Chor den Klang ansonsten ideal aussteuern und Dynamik und Hall effektvoll einsetzen.
Nicht zuletzt kommt die Intensität vom Werk selbst. Rolf Rudin hat „Weg zum Licht“ anlässlich eines Kompositionsauftrags dem Mädchenchor am Essener Dom auf den Leib komponiert.
Rolf Rudin hat zuerst die textliche Struktur des Werkes arrangiert und dann die Musik dazu geschaffen. Prolog und Epilog enthalten Texte aus dem Johannesevangeliums über Gott als Licht der Welt. Mit diesen Teilen schafft Rudin eine Klammer um das Werk. Schlusston und Klang des Prologes eröffnen nach fünf Sätzen den Epilog. Die vielstimmigen Cluster von Prolog und Epilog sind wie Strahlen der Sonne. Zentrum des Werkes ist ein Gebet von Dietrich Bonhoeffer. Es hat einen geradezu choralartigen Klang, der nur durch die schwirrenden Lichtklänge durchbrochen wird.
Das Gebet von Bonhoeffer ist wie ein Spiegelpunkt zwischen zwei mal zwei verbundenen Werkteilen. Ein Gedicht von Erich Fried über das ungelebte Leben steht einem Text von Rolf Rudin gegenüber, welcher zu einem erfüllten Leben, wie das Leuchten einer Kerze, aufruft. Im Gedicht von Erich Fried wird die klangliche Wandelbarkeit des Mädchenchor am Essener Dom deutlich. Der Chor wechselt zwischen nachdenklichen Klängen und aggressiven, Bedrohungen. Das zweite Textpaar sind zwei Texte von Rolf Rudin, wobei einer sich auf die Offenbarung des Johannes bezieht. Die Werkteile beziehen sich auf die Überflutung mit Licht, beispielweise in einer Großsstadt. In „Lichter fallen mir ein“ prasselt der Chorklang kaskadenartig auf den Hörer ein. Die treibende Rhythmik und die extreme Dynamik lassen den Hörer die Überflutung spüren. Dem stellt Rudin die Vision des neuen Jerusalem gegenüber, das ebenfalls leuchtet: jedoch mit herrlichem Glanz, wie Perlen. So zart wird in diesem Teil auch die Musik. Die Spiegelung am Gebet in der Mitte wandelt die negative Lichterfahrung in eine positive, wie sie dann im Epilog „ich bin das Licht der Welt“ seinen Höhepunkt erreicht.
Rolf Rudin hat mit „Weg zum Licht“ dem Mädchenchor am Essener Dom eine wundervoll intensive Komposition auf den Leib geschrieben. Beim Schreiben dieser Zeilen kann ich es gut verstehen, wenn Raimund Wippermann im Booklet beschreibt, dass auch bei häufigem Aufführen und Proben das Werk „nichts von seiner Spannung und Faszination verloren hat“. >
Johannes Pfeffer, 4. Apr 2015, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.