Chorleben - S-Chorverband

Hilfe in unserem Chor fehlen die Männerstimmen 1

Fragen an den Musikbeirat

Unsere Januarfrage betrifft wohl jeden Chor, falls es sich um keinen Frauenchor handelt. „Uns fehlen Männerstimmen (ganz junge, junge, mittelalte), was können wir tun?“

Nikolai Ott, Mitglied im Musikbeirat als Vertreter der Chorjugend

Chorleiter Nikolai Ott

Oha! Die angesprochene Situation ist sicherlich eine der drängendsten Fragen in unseren Chören. Es scheint in sehr vielen Chören einen Mangel an jungen und mittelalten Sängern zu geben. Wie dem Problem begegnet werden kann, ist aus meiner Sicht nicht so pauschal zu beantworten, dennoch möchte ich mich ein wenig ins hypothetische Reich wagen und Ursachen und Folgen beleuchten.

Wenn mir Männer begegnen, die nicht aktiv in einem Chor singen, höre ich oft den Satz „Ich kann nicht singen“. Ich möchte doch mal behaupten, dass jedes Kind – egal ob Männlein oder Weiblein – gleich gerne singt. Ein Divergieren dieser Einstellung findet irgendwann zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr statt. Das ist sicherlich der „Konkurrenzsituation“ durch Sportvereine und andere, bewegungsorientierte Freizeitaktivitäten geschuldet, die dem Bewegungsdrang Jugendlicher eher Rechnung tragen. Ich möchte hier aber keine Rollenbilder beschwören.

Einen anderen, wesentlichen Grund, warum Männerstimmen fehlen, sehe ich in der pseudo-pädagogischen Arbeit von Generationen von Schulmusikern, die jeden jungen Mann während der Mutation vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht haben. Das „Vorsingen in der Schule“ hat sich meiner Erfahrung nach in die Köpfe der Männer gebrannt, als ein Zur-Schau-Stellen vor allen Klassenkameraden. Erinnern Sie sich doch mal zurück: das war schon witzig, wenn ein Junge während des Stimmwechsels hat vorsingen müssen. Aber was das mit diesen jungen Menschen gemacht hat, haben offensichtlich nur Teile der Musiklehrer erkannt und es entweder abgeschafft oder nur als Option beibehalten. Diese jungen Männer haben wir zum großen Teil verloren, weil sie nach der Mutation nie wieder richtig zu ihrer „neuen“ Singstimme gefunden haben und weil das Singen nach diesem Erlebnis nichts Angenehmes mehr war.

Wir brauchen Chorleiter und Musiklehrer, die sich der sich verändernden Jungenstimmen annehmen und ihnen helfen, während und nach der Mutation den Bezug zur eigenen Stimme wiederzufinden.

Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Wie Sie Männer vielleicht zum Singen animieren können (ohne Gewähr):

  • Ich verweise an allererster Stelle auf den Artikel von Chris Rowbury in der „Chorzeit“, Ausgabe September 2013. Auf Seite 36 beschreibt er einige Strategien, Nicht-Sänger zum Singen zu bringen.
  • Männer wollen gute Stimmung, ein lockerer Umgang im Chor ist da sicher förderlich. Vereinsmeierei und Traditionsgehabe ist eher abschreckend, wenn das exzessiv passiert. Auch bestimmte Chorleiter sind nichts für Männer, die brauchen Teamgeist, einen Trainer, keinen Lehrer. Zum Bier in der Probe sage ich aus vollem Herzen „Ja!“, ich habe nur gute Erfahrungen damit gemacht!!
  • Männer wollen aber auch etwas leisten und sich schon gar nicht lächerlich machen. Mit einem vierstimmig-homophonen Lied lockt man keinen „echten Mann“ hinter dem Ofen vor. Genauso wenig wie mit überzogenen Choreographien, Klatschen etc.
  • Nehmen Sie mal Abstand von der gängigen Literatur, die Abba-Manie ist vorbei, Gospel ist out und Schlager bringen es auch nicht mehr wirklich. Ich habe die Erfahrung gemacht, das Morley und DiLasso auch ziehen, wenn man das schön verpackt (Lebensdaten wegstreichen und sagen, das sei der neuste Schrei… das funktioniert wirklich!) Oder kreative Chorsätze, wie sie in vielen Verlagen kommen. Carsten Gerlitz, Martin Carbow, Jens Johannsen sind nur einige Beispiele für einen kreativen Umgang mit Chorsängern. Ich würde hier gerne viel Werbung für bestimmte Verlage machen.
  • Nutzen Sie Festlichkeiten! Ich habe eine Kollegin, die sich einmal im Jahr alle Vorsitzenden der lokalen Vereine schnappt und zum Dorffest einen Act mit den Männern auf die Beine stellt. Man braucht einen niederschwelligen Einstieg-aber dann muss man die Jungs beim Ehrgeiz packen und dann richtig fordern!
  • Qualität Qualität Qualität! Keiner will in einem Chor singen, den niemand singen hören will. Stimmbildung und kontinuierliche Abwechslung im Repertoire sind maßgeblich!

 

Joachim Schmid, Mitglied im Musikbeirat als Vertreter der Chorjugend, Verbandschorleiter des CV Karl Pfaff

Der singende Knabe/Mann ist Mangelware in unseren Chören. Es ist ein selten anzutreffendes Ereignis, dass sich sängerisch gänzlich Unerfahrene direkt einer Chorgemeinschaft anschließen. Dieser Tatsache begegneten SCV und LMV in den vergangenen Jahren mit Veranstaltungen („Tag der Männerstimme“, Symposium „Musik über den Tellerrand“) , die besonders den noch nicht in einem Chorverein tätigen Männern Möglichkeiten zur sängerischen Aktivität boten. Kooperation der bestehenden Singgemeinschaften (unseren Vereinen) mit anderen Interessengruppen war hier eine gute Gelegenheit, eine Plattform für diese Tätigkeiten zu bieten. Generell war zu bemerken, dass die noch nicht geübten Sänger eher unter ihresgleichen bleiben wollten und so zur Mitwirkung zu bewegen waren. Entsprechend bildeten sich unabhängige, gleichstimmige Formationen, deren Freude am Gesang emotional sehr berührten, ohne einem künstlerischen Anspruch genügen zu müssen. Aufgefangen wurden sie von der Routine des singenden Partners an der Seite.

Auf diesem Nährboden sollten die Bemühungen um eine neue Sängerschaft ansetzen. Dies kann im Kinder- und Jugendbereich zu Kooperationen mit unterschiedlichen erzieherischen Institutionen (Kita, Musikschule, Jugendhilfeeinrichtungen bis hin zu Kinder- und Jugendfußballabteilungen aufgeschlossen geführter Sportvereine) führen. Auch die Väter können hierbei integriert werden. Über das generationenübergreifende Singen rückt für viele erst die Existenz eines eigenständigen Chorwesens ins Blickfeld. Wenn dies dann in Zusammenhang mit einem positiven Erscheinungsbild des Zusammenwirkens von Jung und Alt geschieht, ist das Vorurteil des antiquierten, verstaubten Gesangvereins nicht mehr haltbar. So kann ein attraktives Erscheinungsbild und die aktive Mitwirkung bei einem Kooperationsprojekt der erste Schritt für eine dauerhafte Sängertätigkeit in einem Chor sein.

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Johannes Pfeffer, 23. Jan 2014, Chorpraxis, gemischte Chöre, Männerchöre, Nachwuchsarbeit, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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