Klang- und Licht-Spiele im Kloster Bebenhausen
Geben wir es doch zu – wir veranstalten Konzerte nicht immer völlig uneigennützig. Oft genug erfüllt sich jemand damit seinen Traum – so geschehen Ende September im Kloster Bebenhausen bei Tübingen. Nicht immer wird die Veranstaltung dann so traumhaft schön, wie man es sich vorgestellt hatte – aber dies ist die Geschichte einer wirklich gelungenen Traumerfüllung: Der Chor Semiseria hatte bereits dreimal zu Wandelkonzerten ins Kloster Bebenhausen eingeladen, das Teil des UNESCO-Weltkulturerbes ist. Jedes Mal gab es ein anderes Programm, andere Musiker, einmal sogar einen Schauspieler als Mönch. Doch im Hinterkopf war schon lange der Wunsch, die wunderschönen alten Gemäuer einmal von Lichtkünstlern beleuchten zu lassen, sie in einem völlig neuen Licht erstrahlen zu lassen.
In diesem Jahr wagte man sich an das Projekt „klang-licht-raum“ und engagierte die in Tübingen ansässigen Lichtkünstler Friedrich Förster, Sabine Weißinger (beide von casa magica) und Holger Herzog (proszenium). Während diese sich Gedanken über das effektvolle In-Szene-Setzen des Klosters machten, probten wir Musik, die zu den einzelnen Räumen passte. Drei Musiker von „Tango Komplott“ übten ihren Teil des Konzerts ein. Gespannt wurde die Generalprobe erwartet: würden die Einzelteile zusammenpassen? Im Laufe des Abends wurde allmählich klar, wie gut sie passten.
Nachdem die eintreffenden Besucher schon eine Weile vor Beginn des Konzerts vom Instrumental-Trio unterhalten wurden, begann der Chor mit frischen keltischen Volksliedern in der profanen Kutscherhalle. Den Durchgang zum Kloster durchschritt das Publikum durch ein Spalier singender Chormitglieder – für viele ein besonders intensives Musikerlebnis. Im Kreuzgang angekommen hörte man dann Instrumentalmusik und bestaunte die Beleuchtung, die genau an die Gebäudestruktur angepasst war: im Innehof bläulich, das durch die Fenster fallende Licht in Rottönen. Auch die Menschen wurden hier und da zur Projektionsfläche für die farbenfrohen überdimensionalen Dias und warfen ihre Silhouetten an die Wände. Chor und Musiker wechselten sich ab und lockten die Hörer zum jeweiligen Ort des Geschehens.
In der an den Kreuzgang angrenzenden Kirche sang der Chor unterschiedlichste Pater-noster-Vertonungen von der Gregorianik bis zur Gegenwart. Wieder im Kreuzgang hatte die Beleuchtung gewechselt, nun waren die Wände, ja, der gesamte Kirchturm von bunten gotischen Ornamenten bedeckt. Die ebenfalls angestrahlten Musiker in der Mitte begeisterten derweil mit Piazzolla.
Letzte Station des Konzerts war das Sommerrefektorium, eines der exquisitesten Beispiele feingliederiger gotischer Bauweise hierzulande. Dort wurden einzelne architektonische Bestandteile in wechselnden Farben beleuchtet. Der Effekt war völlig anders als bei den Standbildern draußen. Der Chor sang eindrucksvolle Werke mit ungewöhnlichen Klängen von Eriksson, Tavener und Sandström. Dabei stellte man erstaunt fest, wie sehr die jeweils vorherrschende Farbe die durch die Musik hervorgerufenen Gefühle verstärkte, manchmal auch in eine ganz andere Richtung lenkte. Bei den ruhigen Stücken konnte der Blick wandern und dem Licht folgend mal dieses, mal jenes Detail des Gewölbes oder der Fenster würdigen.
Das Konzert klang sehr still im vierfachen pianissimo aus, zum Schluß war nur noch eine Rosette beleuchtet, dann war es dunkel. Das Ganze wirkte so bewegend auf die Hörer, dass manch einer Tränen in den Augen hatte. Es war ein ungewöhnlich ruhiges Konzert, dessen Atmosphäre durch das häufig gedämpfte Licht getragen wurde.
Dieses außergewöhnliche Konzept hatte an drei Abenden insgesamt etwa 1000 Besucher angelockt, von denen der Chor viel Positives zu hören bekam. Es stellte sich ganz klar heraus: Musik und Beleuichtung können eine wunderbare Symbiose eingehen, wenn sie sensibel aufeinander abgestimmt werden.
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 13. Nov 2007, Chorverband Ludwig Uhland, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.