Der Zigeunerbaron – Augenweide und Ohrenschmaus
Zum lokalen Tagesgespräch gerieten die Aufführungen der Operette „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauß. Der Gesangverein Reutti (Chorverband Ulm) lockte mit gezielter Werbung jung und nicht mehr ganz jung in die Lonequellhalle Urspring. Beide Veranstaltungen waren bereits im Voraus ausverkauft. Die Atmosphäre war vielversprechend. Das Publikum sollte in keiner Hinsicht enttäuscht werden.
Eine prächtig dargestellte, ungarische Landschaft auf einer Großleinwand diente als Kulisse. Davor agierten der Zigeunerchor, die Solisten und Musikanten. Die anfänglich absolute Stille und eine gefühlte, prickelnde Spannung steigerte die Erwartungshaltung, ausgelöst durch das schwungvoll aufspielende Salonorchester Geislingen. Die Zuhörer tauten auf, denn schon die Ouvertüre ließ die Anlehnung an verschiedene Lieder aus dem Zigeunerbaron erkennen wie zum Beispiel „Ja, das alles auf Ehr, das kann ich und noch mehr“! Dies hatte sich der Chorleiter Siegfried Krämer wohl auch gedacht, als er die Operette einstudierte. Alles klappte wie am Schnürchen, trotz einiger unvorhergesehener Zwischenfälle. Kurzfristig musste für die Sopranistin Katja Kaufmann, die für eine Doppelrolle vorgesehen war, eine Ersatzsängerin gefunden werden. Mit Diana Thoma (Mitglied im Hugo-Herrmann-Chor) als Arsena konnte der hohe Sopran hervorragend besetzt werden, während Frau Kaufmann aufgrund einer Erkältung die Rolle der Zigeunerin Czirpa bravourös meisterte. Anke Grimm, die ihre Rolle als Sprecherin ebenfalls innerhalb weniger Tage einstudierte, heimste besonderen Beifall ein für den auswendig vorgetragenen Text, für Mimik und Mitgestaltung. Zuverlässig spielte der Bariton Anton Kramer in seiner Doppelrolle den reichen, fast maßlosen Schweinezüchter und den Zigeunerbaron Barinkay – köstlich, amüsant, gekonnt. Mit ins musikalische Geschehen eingegriffen hatte der junge, toll aufspielende Pianist Gerd Albrecht.
Wer verkörperte letztendlich den herrlich kostümierten und den bis auf die letzte Feinheit in Darstellung und Dynamik motivierten Zigeunerchor? Fast unvorstellbar: etwa 30 Chormitglieder aus dem nicht einmal 500 Seelen zählenden Dorf Reutti bei Amstetten. Für das Projekt „Zigeunerbaron“ meldeten sich spontan weitere 20 Sängerinnen und Sänger. Nicht wenige haben Fuß gefasst und bleiben im Verein. „Wir sind inzwischen eine große Familie“ versicherte Siegfried Krämer, unter dessen Gesamtleitung diese Inszenierung zu Stande kam. Der überaus umsichtige Rektor der Uhlandschule in Geislingen, der mit dieser Einstudierung gleichzeitig seine 40-jährige Chorleitertätigkeit zu Recht feiern durfte, verdient allen Respekt und große Anerkennung.
Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 18. Jul 2010, Chorverband Ulm, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.