Chorleben - S-Chorverband

Ein „Wunschproblem“ Minderjährige im Verein

Kinder und Jugendliche – die Zukunft jedes Vereins und des Schwäbischen Chorverbandes schlechthin – kommen in der Praxis des Chorlebens in verschiedenen Rollen und Funktionen vor: Als junge Mitglieder eines Erwachsenenchors, als Mitglieder eines Kinder- oder Jugendchors eines Vereins – oder als Mitglied eines eigenständigen Jugendchors, etwa eines Projektchores.

Kinder und Jugendliche können Mitglied eines Vereins sein. Kinder bis zur Vollendung des 7. Lebensjahrs sind geschäftsunfähig, § 104 Abs. 1 BGB. Minderjährig ist man bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs, § 2 BGB.

Wie bei Erwachsenen auch, muss die Mitgliedschaft im und beim Verein beantragt werden. Die jeweilige Satzung regelt dann, wie die Aufnahme erfolgt, etwa durch Beschluss des Vorstandes oder der Mitgliederversammlung. Der Aufnahmeantrag ist eine Willenserklärung, bei der ein Kind durch seine gesetzlichen Vertreter – in der Regel die Eltern oder der sorgeberechtigte Elternteil — vertreten werden muss. Alle Mitgliedschaftsrechte (Stimmrecht, Auskunftsrecht etc.) müssen von den Eltern ausgeübt werden. Vorstand kann ein Kind nicht werden.

Singen darf – soll – das Kind, das ist keine Ausübung eines Mitgliedsrechts.

 Ein Jugendlicher – Heranwachsender – ist demgegenüber beschränkt geschäftsfähig, wie das Gesetz formuliert. Nach § 107 BGB bedarf die – eigene – Beitrittserklärung des Minderjährigen der Zustimmung (vorher) oder Genehmigung (nachher) durch den / die Sorgeberechtigten. Es nützt nichts, wenn der Minderjährige laufend seinen Vereinsbeitrag aus seinem Taschengeld bezahlt. Der sogenannte „Taschengeld-Paragraph“ (§110 BGB) „zieht“ nur bei einer einmaligen Leistung, wohingegen die Mitgliedschaft im Verein immer wieder zur Zahlung des Mitgliedsbeitrages verpflichtet.

Ist der / die Minderjährige einmal Vereinsmitglied, darf er/sie in der Mitgliederversammlung nur -wirksam – abstimmen, wenn sein gesetzlicher Vertreter zustimmt oder die Stimmabgabe genehmigt.

Praktisch ist das nicht. Deshalb haben Rechtsprechung und Lehre schon seit langem feststellt, dass mit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zum Vereinsbeitritt auch eine „Vorauseinwilligung“ zu allen Handlungen gegeben wird, die der Minderjährige künftig in Ausübung seiner Mitgliedsrechte vornimmt. In diesen Fällen – der klaren Mehrheit – kann der Minderjährige dann persönlich an den Mitgliedsversammlungen teilnehmen und abstimmen. Es kommt kaum vor, dass – was rechtlich möglich wäre – die Einwilligung von den Sorgeberechtigten zurückgenommen wird.

An diesen gesetzlichen Bestimmungen kann eine Satzung zwar grundsatzlich nichts ändern, doch ist es in vielen Fällen sinnvoll, dass die Satzung des Vereins dazu Regelungen trifft. Die Satzung kann beispielsweise festlegen, dass der/die Minderjährige ein bestimmtes Mindestalter erreicht haben muss (z. B. 16 Jahre) und er zuvor als Vereinsmitglied zwar zur Anwesenheit berechtigt ist, nicht jedoch zur Stimmabgabe. Die Satzung kann auch bestimmen, dass das Stimmrecht des Minderjährigen auf einen Dritten übertragen werden kann, etwa ein anderes Vereinsmitglied. Wenn Eltern für ihr Kind abstimmen, ist das keine Stimmrechtsübertragung. Der Sorgeberechtigte stimmt lediglich anstelle des Kindes / des Minderjährigen ab. Es kann die kuriose Situation entstehen, dass der gesetzliche Vertreter durch die Satzung von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist, sein Kind jedoch nicht. Dann kann er trotz Stimmrechtsausschluss anstelle seines minderjährigen oder geschäftsunfähigen Kindes und für dieses an der Abstimmung teilnehmen.

Viel und unnötige Förmelei, werden Sie vielleicht denken. Das stimmt. Doch sind leicht Situationen denkbar, in denen infolge von Fehlern bei der Stimmabgabe von Minderjährigen — wenn es davon viele in einem Verein gibt – das Beschlussergebnis ganzer Mitgliederversammlungen zunichte gemacht werden kann. Deshalb: Jeder Gesangverein sollte sich über junge, insbesondere also auch minderjährige Mitglieder freuen und sie mit einer klaren Regelung in der Satzung und einer unzweideutigen Handhabung in der Mitgliederversammlung begrüßen.

 

Minderjährigkeit und Vorstand:

Es wird selten Streit darüber geben, ob ein Kind Vorstandsmitglied ist. Das geht im übrigen nicht. Beschränkt Geschäftsfähige können demgegenüber zum Vorstand bestellt werden. Wie bei der Mitgliedschaft im Verein ist dafür die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Häufig wird die Einwilligung in den Vereinsbeitritt auch die Einwilligung in die Bestellung zum Vorstand umfassen.

Hier enden allerdings die Gemeinsamkeiten. Denn: Auch der Minderjährige als Vorstand geht Verpflichtungen und Haftungsrisiken ein, jedenfalls dann, wenn eine Vertretungsberechtigung nach außen im Sinne von § 26 BGB bestehen soll. Deshalb muss der Sorgeberechtigte in jede Vertretungshandlung einwilligen oder diese genehmigen.

Von einer solchen Handhabung ist abzuraten. Stattdessen sollte die Satzung regeln, dass entweder nur Volljährige zum Vorstand bestellt werden können, oder – vor allem, wenn die Jugend im Vorstand gewünscht wird, was grundsätzlich begrüßenswert und häufig der Fall ist – neben dem Vorstand nach § 26 BGB ein erweiterter Vorstand in der Satzung geregelt wird, dessen Mitglieder zwar den Verein nicht nach außen vertreten, aber doch im Vorstand mit Sitz und Stimme handeln können. Letzteres ist in der Praxis gar nicht so selten; von dieser Möglichkeit sollte häufig – häufiger -Gebrauch gemacht werden.

Sie sehen also: Kinder und Jugendliche sind im Verein nicht nur als Sängerinnen und Sänger erwünscht, sie können auch Mitglieder und sogar Vorstandsmitglieder sein. In vielen Fällen wird diese Möglichkeit dazu führen, dass Kinder und Jugendliche zur Mitwirkung im Gesangverein motiviert werden. Deshalb sollen auch die rechtlichen Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche im Verein zur Mitarbeit und Mitverantwortung zu gewinnen, im Sinne dieser Darstellung ausgeschöpft werden.

Verfasser: RechtsanwaltChristian Heieck, 19.11.2009

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Johannes Pfeffer, 14. Dez 2009, Nachwuchsarbeit, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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