Chorleben - S-Chorverband

Kurz und bündig – Das Recht am eigenen Bild und sein Schutz

Das Recht am eigenen Bild und sein Schutz – Bedeutung für die Vereine und ihre Mitglieder in der täglichen Praxis

Jeder weiß: Die öffentliche Bildberichterstattung ist ein „Zweiklassensystem“: Der Prominente muss sich mehr gefallen lassen (längst nicht alles!) als „der Mann auf der Straße“, was die Ablichtung seines Konterfeis angeht und dessen öffentliche Darstellung. Sogenannte Prominente und die Bildberichterstattung über sie haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Gerichte beschäftigt. So hatte am 05.12.1999 das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde der Fürstin Caroline von Monaco im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Abbildungen aus ihrem Privat- und Alltagsleben – und dem ihrer Kinder – zu entscheiden; dabei stellte das Bundesverfassungsgericht teilweise eine Verletzung ihrer Privatsphäre fest, zum anderen – bei den Abbildungen zusammen mit ihren Kindern – eine Verletzung des Familiengrundrechts aus Art. 6 GG.

Für diese Entscheidung wichtig ist, dass es ein „Recht am eigenen Bild“ gibt, das jedem Bürger – gleich welchen Alters – zusteht. § 22 des „Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Bildenden Künste und der Fotografie“ besagt, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Davon gibt es einige Ausnahmen (§ 23 KOG), z. B. für Personen der Zeitgeschichte, bei Bildern, auf denen die Personen nur „als Beiwerk einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“ zu sehen sind oder Bilder von Versammlungen, Umzügen oder ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben.

Es gibt wenige Entscheidungen, die den „Normalbürger“ betreffen und sein Recht am eigenen Bild. Das hängt sicher damit zusammen, dass in aller Regel niemand etwas dagegen hat, wenn sein Bild in der Zeitung erscheint oder er im Fernsehen gezeigt wird.

In letzter Zeit häufen sich jedoch die Fragen, ob man sich das Abgebildetwerden – seiner selbst oder seiner Kinder – „gefallen lassen muss“. Das eigene Bild gehört zum Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung; aus diesem Grunde hat das Gesetz den Zustimmungsvorbehalt aufgenommen; ohne die Einwilligung des Abgebildeten darf sein Bild nicht veröffentlicht werden.

Wie gesagt: Bei Versammlungen oder ähnlichen Vorgängen ist das anders. Hier bedarf es der Einwilligung der abgelichteten Teilnehmer an der Versammlung – oder auch von Konzertteilnehmern, den Teilnehmern an einer Chorprobe o. ä. – nicht.

Nun lassen sich durchaus Fälle denken, in denen die Grenze zwischen individueller Abbildung einer Person – durch den Einwilligungsvorbehalt geschützt – und der bildlichen Darstellung einer Versammlung „fließend“ und die Abgrenzung schwierig ist. Was ist, wenn man mit einem Teleobjektiv eine Person aus einer Chorprobe „herausfotografiert“? Dürfen Ausschnitte aus einem Kinderchorauftritt veröffentlicht werden?

Das Landgericht Köln hatte im Jahr 1994 über einen Fall zu entscheiden, in dem Abbildungen eines Trauerzuges veröffentlicht waren. Diese Abbildungen wurden im Rahmen einer Fernsehsendung (Schulfernsehen) z. B. dafür gezeigt, wie sich in der heutigen Gesellschaft Trauer darstellt. Das Landgericht hat diese Bildveröffentlichung für zulässig gehalten. Etwas anderes gelte nur, wenn einzelne Teilnehmer des Trauerzuges „herausgegriffen“ und gezeigt würden. Soll die Versammlung (Probe, Konzert) „als Ganzes“ gezeigt werden, besteht das Einwilligungsbedürfnis nicht.

Übrigens: Wenn jemand Geld dafür erhält, dass er sich ablichten lässt, fingiert das Gesetz ohne ausdrückliche Erklärung die Zustimmung des Abgebildeten auch mit der Veröffentlichung des Bildes.

Wie groß die Versammlung oder der Chor ist, ist im übrigen unerheblich. Jedenfalls gibt es eine „Mindestteilnehmerzahl“ nicht. Es wird im Einzelfall zu klären sein, ob eine nur sehr geringe Zahl an Versammlungs- oder Probenteilnehmern noch den Begriff der „Versammlung“ als Ausnahmetatbestand erfüllt. Porträtfotos von einzelnen Teilnehmern beispielsweise eines Demonstrationszuges dürfen nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden.

Das hier Gesagte gilt für spontane Versammlungen ebenso wie für „gestellte“ Aufnahmen, beispielsweise Klassenfotos. Das gleiche dürfte für das Jubiläumsbild eines Liederkranzes für die örtliche Presseberichterstattung gelten.

Im Zweifel ist immer vorzuziehen, die Einwilligung der Abgelichteten einzuholen; sie wird in der Regel problemlos zu erlangen sein.

Die Einwilligung bei der Ablichtung von Minderjährigen (jedenfalls bis zu deren 16. Lebensjahr) ist Sache der Eltern, wobei auch hinsichtlich der Einsichtsfähigkeit des abgebildeten Kindes im Einzelfall unterschieden wird. Die Zustimmung seitens der Eltern als Sorgeberechtigten dürfte jedoch in aller Regel unschwer zu erlangen sein.

Fazit also: Im Zweifel sollte ein zur Veröffentlichung bestimmtes Lichtbild, bei welchem das Individuum und nicht die Gesamtveranstaltung oder gar die Landschaft, in der der Chor aufgenommen worden ist, im Vordergrund steht, die Einwilligung des Abgelichteten erfahren. Die Einwilligung kann auch „kollektiv“ erteilt werden, etwa durch Handheben. Kinder dürfen abgelichtet werden, wenn ihre sorgeberechtigten Eltern zustimmen.

Ein Letztes: Es wird immer wieder gefragt, ob die Ablichtung einzelner Personen unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes rechtswidrig oder angreifbar ist. Das ist nicht der Fall, jedenfalls so lange nicht, wie nicht durch Hinzufügung von Namen oder anderen Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse Einzelangaben über eine Einzelperson gemacht werden, die dann in Kombination mit dem Lichtbild einen Erlaubnisvorbehalt auslösen.

Fixe, zahlenmäßige Angaben und ein zweifelsfreier Handlungsrahmen – das gibt es hier nicht. Es ist aber sicherlich deutlich geworden, dass im Grundsatz die Gruppe – im Gegensatz zum Individuum – abgelichtet werden darf, ohne dass eine Einwilligung eingeholt werden muss. Es erleichtert die Betrachtung, dass es in der Tat immer wieder Unsicherheit über diese Fragen gibt, jedoch kaum Streitigkeiten oder – jedenfalls – gerichtliche Auseinandersetzungen.

Verfasser
Rechtsanwalt Christian Heieck, 19.11.2009
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtspraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.
Gez. Heieck
15.04.2010/sl

Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 4. Mai 2010, Fortbildungen, Singen und Stimme, Vereinsführung, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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