Chorleben - S-Chorverband

Musikalische Höhepunkte beim Chorfest Heilbronn (I)

rossini-petite_messe_solennelle-sabine_eberspaecher1.jpg     rossini-petite_messe_solennelle-solisten.jpg     rossini-petite_messe_solennelle-ulrike_sonntag-sabine_eberspaecher.jpg           Gioacchino Rossini:  „petit messe solennelle“ 

Ulrike Sonntag, Sopran

Anne Greiling, Alt

Rüdiger Knöß, Tenor

Bernhard Jäger-Böhm, Bass

Dieter Aisenbrey, Harmonium

Philharmonischer Chor Esslingen

Klavier und Leitung: Sabine Eberspächer

 

Der Sonnabend hatte gerade erst begonnen, die nach und nach eintreffenden Sängerinnen und Sänger waren noch mit dem Stadtplan und den Klangwegen im Festbuch beschäftigt, da gab im Deutschordensmünster Sabine Eberspächer bereits den Einsatz für eines der merkwürdigsten und originellsten Werke der geistlichen Musik, Rossinis „Petite Messe solennelle“.  

„Klein“ ist an dieser Messe nun wahrlich nichts. Die Größenangabe war als bissiger Scherz wider den Zeitgeist gedacht, denn der kannte und liebte seine „Grand Messe solennelle“. Rossini, der unübertroffene Meister der Buffa und Semi Seria, war inzwischen 71 Jahre alt und hatte es nicht mehr nötig, mit Tuttiorchester zu brillieren. Er lebte zur Entstehungszeit (1863) seiner letzten Messe schon fast ein Jahrzehnt zurückgezogen vom Pariser Musikleben. Das Tagesgeschäft langweilte ihn, nicht jedoch dieser Auftrag einer Gräfin für die Einweihung ihrer privaten Kapelle.

Die ungewohnte instrumentale Besetzung der Urfassung (2 Klaviere und Harmonium) zollt dennoch, auch wenn man´s nicht gleich erkennt, dem Zeitgeist Tribut. Das Harmonium war, um es mal salopp zu formulieren, der Synthesizer des 19. Jahrhunderts. Wer je das Harmonium-Klavier im Franz-Liszt-Haus in Weimar gesehen hat, weiß, woher die Sehnsucht wehte. Das Harmonium war zur Entstehungszeit der Petite Messe ein junges Instrument, das seine Karriere noch vor sich hatte. Was den Bläsern ihr Saxophon, war den Pianisten und Organisten das Harmonium. Doch zurück zum 11 Uhr-Konzert im Deutschordensmünster im Heilbronner Deutschhof.

Im Mittelpunkt des Altarraums thronte der Flügel, von dem aus Sabine Eberspächer den Chor und die Solisten souverän dirigierte, mit Blicken, wenn sie spielte, mit den Händen, wenn es die Partitur zuließ. Eberspächer ist eine außergewöhnliche Pianistin, der keine Grenzen gesetzt zu sein scheinen. Dass man bei diesen künstlerischen Ressourcen den Wunsch hat, das „Orchester“ nicht aus der Hand zu geben, ist verständlich, zumal ihr mit Dieter Aisenbrey ein nicht minder erfahrener Vollblutmusiker am Harmonium zur Seite stand. Eberspächer gestaltete die raffinierten Harmoniewechsel und die polyphonen Satztechniken so durchsichtig und farbenreich, dass man bisweilen wirklich Instrumente zu hören glaubte. Rossini gestand: „Ich habe mit Dissonanzen nicht gespart, aber ich habe auch etwas Zucker verwendet.“  Er hat ihn gleichmäßig auf Chor und Solisten verteilt. Dem Chor hat er noch etwas Besonderes geschenkt, was ihn in den letzten beiden Lebensjahrzehnten beschäftigt und mit Freude erfüllt hat: die großen Fugen des Gloria und Credo, in denen sich die Sprache Bachs wiederfindet, den er, je älter er wurde, desto mehr verehrte.

 

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Unvergesslicher Höhepunkt im Konzert war freilich die Zwiesprache im „Agnus Dei“ zwischen der Pianistin und der Altistin. Ich hab´s auch mit Fassbaender und Sawallisch nicht besser, nicht eindringlicher gehört vor 40 Jahren. Ein großes Kompliment an Anne Greiling. Ein Kompliment nicht minder allen anderen Solisten, Ulrike Sonntag  für das raumgreifende Belcanto der großen Sept in der Einstiegsphrase „O salutaris hostias“, dem Tenor Rüdiger Knöß für sein expressives „Domine Deus“ im Gloria und dem Bass Bernhard Jäger-Böhm für ein zügig marschierendes „Quoniam“.

Und der Chor? Er hat zu morgendlicher Stunde eine Leistung erbracht, die am obersten Messstrich für Laienchöre geschrammt hat. Der Chor ist stolz auf seine Leiterin, liest ihre Blicke ebenso  sicher wie ihre Gesten. Er ist auch klanglich geprägt von Sabine Eberspächer, die beim Dirigieren die großen klaren Zeichen jeder Form von „Körperakrobatik“ vorzieht. Wenn das, was eine klare Zeichengebung signalisieren soll, nicht optimal einstudiert ist, würde es auch mit manueller Artistik nicht zur Aufführung gelangen.

Schade, dass das Konzert eine Stunde so früh angesetzt war. Ab 12 Uhr wäre die Kirche dann ganztags überfüllt gewesen. So  war sie „nur“ gut besucht. Tja, Heilbronn hat anspruchsvoll gemacht. Wolfgang Layer

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Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 17. Jul 2009, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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