Chorleben - S-Chorverband

Der Verein und sein Chorleiter – eine unendliche Geschichte?

Die Zahl und die Intensität von Auseinandersetzungen zwischen Chorvereinigungen des Schwäbischen Chorverbandes und ihren Chorleitern nimmt in letzter Zeit zu. Es gibt keine aktuelle Statistik mit genauen Zahlen für den SCV, wie viele Chorleiter hauptberuflich und angestellt und wie viele als selbständige Honorarkräfte tätig sind, wie viele Chöre ein Chorleiter statistisch betreut und wie viele Chorleiter noch ehrenamtlich im klassischen Sinne sind.

 

Angestellt oder nicht?

Je nachdem, welcher Kategorie der Chorleiter zuzuordnen ist, ist er vergütungs-, arbeits- und steuerrechtlich unterschiedlich zu behandeln. Ein fest angestellter Chorleiter, der beim Verein einer bezahlten Hauptbeschäftigung nachgeht, ist Angestellter des Vereins und sozialversicherungs- sowie abgabenpflichtig. Der Verein behält Lohnsteuer und Sozialabgaben ein und führt sie ab.

Nebenberuflich tätige Chorleiter können nach § 3 Nr. 26 EStG Vergütungen bis zur Höhe von € 2.100,00 im Kalenderjahr von der Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer befreit erhalten. Das gilt überall dort, wo die nebenberufliche Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger Zwecke ausgeübt wird. Zur Absicherung des Vereins muss der Chorleiter schriftlich erklären, dass er die Steuervergünstigung nicht bereits anderweitig in Anspruch genommen hat.

Rückwirkend zum 01.01.2007 wurde § 3 Nr. 26a EStG eingeführt und damit ein neuer Freibetrag für alle entgeltlich und nebenberuflich ausgeübten Tätigkeiten im Dienst einer gemeinnützigen Körperschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke. Dieser Freibetrag beläuft sich auf € 500,00 pro Jahr und gilt für alle Tätigkeiten im Bereich der gemeinnützigen Einrichtung, die vom Übungsleiterfreibetrag und der steuerlichen Aufwandspauschale nicht erfasst werden. Die Pauschale ist ein echter Freibetrag, für den bis zur Höhe von € 500,00 pro Jahr keine Lohn- oder Einkommensteuer anfällt und die auch seit dem 01.01.2008 sozialversicherungsfrei ist. Diese Ehrenamtspauschale kann nicht neben der nach § 3 Ziff. 26 EStG in Anspruch genommen werden.

Übrigens: Die Regelungen des § 3 Ziff. 26a EStG gilt auch für Vorstandsmitglieder.

Wohlgemerkt: Es handelt sich um einen Freibetrag. D. h.: Erhält der Vorstand oder sonstige ehrenamtliche Mitarbeiter pro Jahr vom Verein € 500,00 an pauschaler Aufwandsentschädigung, kann er diese steuerfrei vereinnahmen; für diesen Betrag fällt auch keine Lohn- und Einkommensteuer an.

Allerdings: Das heißt noch lange nicht, dass der Verein dem Vorstandsmitglied auch € 500,00 pro Jahr als pauschale Aufwandsentschädigung bezahlen darf. In der Regel sind nämlich die Vorstände ehrenamtlich tätig. Das ist sogar in vielen Satzungen ausdrücklich so geregelt.

Wenn nun der Verein seinen Vorständen eine pauschale Aufwandsentschädigung bezahlen will, muss er die Satzung ergänzen oder zumindest einen Beschluss der Mitgliederversammlung herbeiführen.

Weitere Einzelheiten sollten Sie unbedingt abklären und gegebenenfalls den Rat eines Steuerberaters einholen. Der wird Ihnen im übrigen auch sagen, dass die Abrechnung der Vereinsvorstände bezüglich ihrer tatsächlich entstandenen und abgerechneten Aufwendungen (Fahrtkosten, Portokosten, Telefongebühren etc.) keine steuerpflichtigen Einnahmen sind.

Der Chorleiter, der nebenberuflich nicht mehr als 6 Stunden pro Woche für einen Verein tätig ist, ist kein Arbeitnehmer. Er ist selbst dafür verantwortlich, die Einnahmen steuerlich und sozialversicherungsrechtlich anzumelden und die diesbezüglichen Pflichten zu erfüllen. Wie schon ausgeführt, kann auch der Chorleiter, der freier Mitarbeiter des Vereins ist, eine Aufwandsentschädigung bis maximal € 1.848,00 steuerfrei einnehmen. Weitere Zuwendungen des Vereins sind von ihm selbst zu versteuern.

 

Der Arbeitsvertrag

Ein Chorleitervertrag bedarf nicht der Schriftform. Ist nur die Zahl der wöchentlichen Chorleiterstunden und die Höhe der Vergütung vereinbart, reicht das grundsätzlich aus, um ein freies Mitarbeiterverhältnis zu begründen. Zu Beweiszwecken und für zusätzliche Regelungen, die in der überwiegenden Zahl der Fälle gleichwohl notwendig und sinnvoll sein dürften, empfiehlt sich der Abschluss eines schriftlichen Chorleitervertrages. Sonst und im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Häufig spielt die Frage der Kündigungsfrist eine Rolle. Es ist leider verstärkt zu beobachten, dass es im Verhältnis zwischen den Chören und Ihren Chorleitern zu schleichenden Entfremdungen kommt, dass man nicht mehr miteinander redet, Kritik und Wünsche nicht mehr äußert und so die Konfliktlösung erschwert oder gar unmöglich macht. Dann kommt die Kündigung – für den jeweils Betroffenen – häufig völlig überraschend. Und Überraschungen sind in solchen Situationen immer unerfreulich: Der Chorleiter muss einen unter Umständen schmerzhaften Einnahmeverlust hinnehmen, dem Chor fehlt auf einmal – kurz vor einem Konzert oder Projekt – der Dirigent und ein neuer ist nicht in Sicht oder kann sich nicht so schnell einarbeiten.

 

Die Kündigung

Um hier wenigstens eine gewisse Sicherheitsmarge einzubauen, wird im Musterchorleitervertrag des DCV eine Kündigungsfrist von 6 Wochen oder drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahrs empfohlen. Ich halte das für relativ lang; beide Parteien können auf diese Weise nur einmal pro Jahr kündigen. Andere Kündigungsregelungen sind allerdings auch zulässig. So wäre beispielsweise eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartal oder zumindest zum Kalenderhalbjahr denkbar.

Unabhängig vom Quartal oder Halbjahr kann beispielsweise mit einer Frist von 6 Wochen auf das Ende des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Dies muss in jedem Falle im Chorleitervertrag vereinbart werden. Wird eine Vereinbarung nicht getroffen, gilt insoweit das Gesetz: Ist die Vergütung nach Monaten bemessen, kann bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats gekündigt werden. Das ist sicher für alle Beteiligten zu kurz und kann zu unerfreulichen Folgen führen.

Das Recht beider Seiten zur Kündigung aus wichtigem Grund, beispielsweise als fristlose Kündigung, bleibt unberührt und kann durch einen Vertrag nicht ausgeschlossen werden. Der fristlos Kündigende hat allerdings im Streitfall zu beweisen, dass wichtige Gründe für die Kündigung vorgelegen haben.

Das ist oft gar nicht einfach; ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ist nur gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann, § 626 Abs. 1 BGB.

Man darf sich auch nicht lange Zeit mit der Kündigung aus wichtigem Grund lassen. Ein Kündigungsgrund ist „verbraucht“, wenn er nicht binnen zwei Wochen, nachdem man von ihm Kenntnis erlangt hat, zur fristlosen Kündigung führt. Rechtzeitig ist die Kündigung dann, wenn sie innerhalb der 2-Wochen-Frist dem Kündigungsempfänger – am besten schriftlich und durch eingeschriebenen Brief – zugeht.

 

Zusammenfassend: Es empfiehlt sich immer, beim Abschluss eines Chorleitervertrages Nachdenklichkeit und Sorgfalt walten zu lassen. In vielen Fällen wird der Chorleitervertrag anschließend in der Schublade verschwinden – dies sind die erfreulichen Fälle. Verträge sind aber dazu da, in der Zeit des Streites und der Krise angemessene Regelungen oder ein Auseinandergehen zu fairen Bedingungen sicher zu stellen. Und eine einvernehmliche, würdige Trennung zwischen Chorleiter und Chor ist nach allen Erfahrungen einer -gar gerichtlichen – Auseinandersetzung allemal vorzuziehen.

 

Verfasser: Rechtsanwalt Christian Heieck, Kanzlei Rechtsanwälte Eisenmann Wähle Birk, Bopserstraße 17, 70180 Stuttgart, Telefon 0711/2382422/3, Fax 0711/2382555, Email stuttgart@ewb-rechtsanwaelte.de

Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtspraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.

Johannes Pfeffer, 8. Dez 2008, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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